Wenn ich von einer Peña wie berauscht nachhause gehe, dann weiß ich wieder, warum ich den Flamenco so liebe, warum ich da bin, wo ich bin, warum ich meinen Lebensmittepunkt nach Jerez de la Frontera verlegt habe, wo der Flamenco noch lebt, wo ich seinen Puls fühle, wo das ¡Olé! mir ganz selbstverständlich aus der Tiefe meines Herzens kommt.
Eine Peña ist ein ganz besonderer Ort, an dem die besten Plätze für die Aficionad@s und Socios reserviert sind, wo keine Rücksicht auf Touristenströme genommen wird und auf das Geld sowieso nicht. Hier zählt nur das Verständnis und die Begeisterung für eine Kunst, die sich nur wenigen erschließt, weil nur wenige sie verstehen, denn um den Cante zu verstehen, braucht es Zeit, und die haben wir heute nicht mehr.
Ich erinnere mich noch an den Moment, als mir klar wurde, dass ich hören muss, viel und lange, bis ich von meiner Familie Kopfhörer verordnet bekam, damit ich in Ruhe meiner Leidenschaft frönen konnte um endlich die verschiedenen Palos unterscheiden zu können und dann, und nur dann kann man in die Tiefen dieser unglaublich reichen Kunstform eindringen und nur dann kann man auch wirklich Flamenco tanzen.
Aber gut. Gestern Abend sang in der Peña Tío José de Paula in Santiago, einem der Barrios gitanos von Jerez ein junger Cantaor, den ich nicht kannte: Pedro Montoya Junquera „Chanquita“, Enkel von Luis Montoya Carrasco aus der Calle Nueva, ein Landarbeiter, verwandt mit den Jero, José Mercé, den Paula, den Sordera, La Paquera, mütterlicherseits mit der Familie von Moraíto Chico, Luis de la Pica, Terremoto, Tío Borrico usw. In Jerez sind alle Gitanos miteinander verwandt, so sagt man ….
Nun, dieser junge Cantaor, der mit zehn Jahren zum ersten mal auf der Bühne stand im Tabanco del Pasaje, sang gestern Abend in der Peña und wieder bestätigte mich der Zauber dieser sublimen Kunst.
In der ersten Hälfte des Recitals war zwar alles in Ordnung, die Soleá por Bulería, die Malagueña und die Tientos-Tangos waren gut und das Publikum zufrieden, aber erst nach der Pause begann sich etwas auszubreiten, was man mit einem Gefühl beschreiben könnte, wenn sich nach einem lauen Sommertag ein Gewitter zusammenballt, das sich dann in einem heftigen Sommerregen auf einen ergießt, wo man die Arme ausbreitet und sich einfach wehrlos auf den Rücken legt und sich ergibt.
Schon die Alegría war wunderbar, aber erst in der Seguiriya, ein gewagter Schritt nach der fröhlichen Reise nach Cádiz, ergab ich mich auch und überließ mich der Emotion, die mich aber diesmal nicht um Jahre zurück versetzte, sondern mich mit Freude erfüllte, dass ein junger, neunzehnjähriger Cantaor, diese Tradition fortsetzt, ohne dabei ranzig zu wirken.
In der Bulería am Ende gab noch sein Familia eine Pataíta zum Besten, die Tante, die Mutter, der Primo und die Freundin, Glück ohne Ende. ¡Vivan las Peñas de Jerez! Wer das nicht erlebt hat, hat etwas verpasst!
Peña Tío José de Paula
c/Merced n°13
oo34 956 32 01 96
Jerez de la Frontera
https://www.facebook.com/PFtiojosedepaula