Mit „Flamenco Tribute to Pat Metheny“ legt der erst 32-jährige Shooting-Star der Flamencoszene von Jerez de la Frontera, Santiago Lara, nach zwei äußerst gelungenen Flamenco-CDs nun, 2016, eine Genre-übergreifende Produktion nach, in welcher er Themen von Pat Metheny in respektvoller Weise mit den stilistischen Elementen des Flamenco verbindet und so mit seinen Begleitmusikerinnen und -musikern zu einer eigenen Interpretation dieser Nummern findet.
Mit respektvoll meine ich, dass nicht nur, nun einmal negativ gesprochen, jazzige Passagen aus dem Zusammenhang gerissen und zu einem Flamencostil zusammengeflickt werden, sondern dass die einzelnen Themen der ausgesuchten Titel von Metheny so wie sie sind vorgetragen werden, nur eben von der Flamencogitarre Laras interpretiert und mit anschließenden Improvisationen der übrigen Bandmitglieder bereichert. Dabei fusioniert Lara, wie in der Nummer „James“, Flamencorhythmen, wie hier eine Bulería, mit dem musikalischen Material Methenys. Diese rhythmische Anreicherung von Jazzthemen und harmonischen Abläufen des Jazz erweist sich auch hier wieder als besonders reizvoll, verleiht doch die Flamencorhythmik dem Jazz einen ganz speziellen Drive und so entsteht, natürlich nur als winzigste Miniatur, ein Spiegelbild jenes kulturellen Eintopfes, der den Charme Andalusiens ausmacht.
Mit „Find Me in Your Dreams“ findet sich Estrella Morentes Interpretation dieses Titels von Pat Metheny und dem Pianisten Brad Mehldau ebenfalls auf dieser CD, eine Interpretation, die letztlich der Freundschaft ihres verstorbenen Vaters Enrique Morente mit Pat Metheny entsprang. Das Piano-Intro von Mehldau wird dabei von Santiago Lara in einer schönen und kunstvollen Variante auf die Flamencogitarre übertragen.
Sehr gefällt mir auch die vierte Nummer „Question and Answer“, in der die traditionellen Rhythmuselemente der Soleá por Bulería kurz aufblitzen, „The Search“ basiert rhythmisch auf Tangos und geht als Abschluss in eine Bulería über.
Dennoch, und das ist wichtig und beabsichtigt, kippen die Nummern nie vollständig in den Flamencosektor, bleiben vom grundlegenden Höreindruck her Jazznummern. Neben Estrella Morente bereichern weitere klingende Namen der Flamencoszene das Album, wie Diego del Morao, Jorge Pardo oder Antonio Serrano, sehr gut gefallen mir die Klavierimprovisationen von Jesus Lavilla. Und wenn man auch merkt, dass Santiago Lara nun nicht unbedingt ein Jazzgitarrist geworden ist, so hat er die Brücke vom Flamenco als Variationskunst zum Jazz als Improvisationskunst doch höchst erfolgreich geschlagen, die Türen zwischen beiden Genres auf solide und kompetente Weise geöffnet. Sehr empfehlenswerte CD für Liebhaber sowohl der einen als auch der anderen Stilrichtung!
(2016, Warner Music, LC 04281, unter anderem erhältlich bei Amazon)