Erst vor einigen Monaten schrieb ich folgenden Text:
Wie überall, so gibt es auch in der Flamencowelt Dinge, die nicht geschehen dürfen, weil sonst die Welt aus den Fugen gerät, weil es keinen Ort mehr gibt, an dem man sich sicher fühlen kann, weil die, denen du vertrautest plötzlich zu Feinden geworden sind. Torres Macarena ist die älteste Peña Sevillas, sie wurde von Antonio Mairena vor fast 40 Jahren eingeweiht, sie diente als Treffpunkt für Künstler. Kritiker und Aficionados, zahlreiche Dokumentationen und Spielfilme über den Flamenco wurden dort gedreht, weil die Wände voll sind von alten Fotographien und vergilbten Plakaten, die Holzbretter auf der Bühne abgetreten, die Tische schief und die Stühle abgewetzt.Hier fanden historische Konzerte statt und in ihr wurde die Idee für die erste Flamencobiennale in Sevilla geboren.Schon vor zwei Jahren herrschte große Aufregung, als ein Trupp Polizeibeamter aufmarschierte um einen Auftritt von Carmen Ledesma zu verhindern, aber noch dachte man an einen Unfall oder ein Missverständnis. Seit dem ersten Juni hat sich das grundlegend geändert: Aufgrund wiederholter Beschwerden von Anrainern, die sich über den Lärm beschwerten wurde die Peña Torres Macarena geschlossen.
Heute sieht es schon wieder anders aus und dieser wunderbare Ort ist wieder geöffnet.
Sibylle Thiessen machte ein kurzes Interview mit den beiden Verantwortlichen, die Situation ist zwar immer noch nicht rosig, aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt:
Wie sind denn die Peñas überhaupt entstanden?
In der Francozeit gab es in allen Bars ein kleines Schild, auf dem drauf stand „Singen verboten“, womit vor allem der Cante flamenco gemeint war und in einer Werkstatt in Granada saßen manchmal ein paar Flamencosänger zusammen um gemeinsam Musik zu machen und so entstand die erste Peña, denn als ihnen die Werkstatt zu klein wurde kauften sie ein Haus und dort gründeten sie die erste Peña Andalusiens, die Peña „La Platería“ in Granada an diesem wunderschönen Platz gegenüber der Alhambra.Die Künstler hatten aber überall das gleiche Problem, und so entstanden nach und nach immer mehr Lokale dieser Art.
Der Gründer unserer Peña, Juan Campo, auch ein Kunsthandwerker und Bildhauer, traf sich jedes Wochenende mit Freunden und Aficionados aus dem Macarena Viertel um zu singen und nach einiger Zeit kauften sie ein Lokal in der Calle Torres und als es ihnen zu klein wurde, kauften sie das Haus, in dem wir uns jetzt befinden. Und so ähnlich war es überall. Eine Peña ist ein Ort, an dem sich die Aficionados treffen und Flamenco singen und hören.
Und was ist heute ihre Funktion?
Hauptsächlich die Bewahrung und Verbreitung unserer Kultur, des „Cante flamenco“. Hier auf der kleinen Bühne singen, tanzen und spielen junge Aficionados, hier lernen sie und werden zu Künstlern. Fast alle Künstler, die einen Namen haben, sind schon hier aufgetreten. Eröffnet hat sie Antonio Mairena und nach ihm kamen viele andere, die heute nicht mehr leben und heute sind es wieder andere.
Darf man in den Bars immer noch nicht singen?
In Sevilla wirst du keine Bar finden, in der Flamenco gesungen wird, die Kärtchen sind zwar verschwunden, nach den Bestimmungen ist der Cante aber verboten. Es macht sowieso niemand mehr, weil es nicht mehr üblich ist. Wenn es dann doch jemand versucht wird es sofort verboten, weil man dafür heutzutage eine Lizenz für Livemusik braucht.
So eine Peña ist wie ein Club, mit Mitgliedern, oder?
Wir sind 130 Mitglieder, von denen jeder seinen Beitrag bezahlt um die Kosten zu decken.
Und ja, es stimmt, was Pepe gesagt hat, wir leisten Kulturarbeit, uneigennützig und ohne dass uns jemand gesagt hätte, dass wir das tun sollen, wir machen das freiwillig. Und arbeiten kann man das ja nicht nennen: Wir holen die Künstler hierher und genießen die Kunst, für viele Künstler ist die Peña ein Nest und ihr Ausgangspunkt. Jeder von ihnen hat in einer Peña begonnen.
Wie viele Peñas gibt es in Andalusien?
Die Peñas sind gut organisiert. Andalusien besteht aus 8 Provinzen und jede hat ihren eigenen Verband und über allen steht ein Dachverband. Bis vor kurzem war ich Sekretär des Dachverbands und da gab es 400 Peñas in Andalusien.
Im Moment haben sie es in Andalusien sehr schwer. Sie bekommen von den öffentlichen Institutionen keine finanzielle Unterstützung und deswegen sind viele von ihnen verschwunden. Die öffentliche Hand müsste sich viel mehr um das Fortbestehen der Peñas kümmern, aber unsere Kultur scheint sie nicht zu interessieren, für sie sind wir eine Randerscheinung. Sie beschäftigen sich damit, große Konzerte und Festivals zu veranstalten, die ein Heidengeld kosten und vernachlässigen dafür das, was eigentlich die Basis unserer Kultur ist.
In unserem Haus ist übrigens auch die Bienal de Flamenco de Sevilla entstanden und heute schieben sie uns zur Seite, wir haben keinen Platz in der Bienal, wir existieren für sie nicht, wir sind einfach verschwunden.
Peña cultural flamenca Torres Macarena
Calle Torrija, 29
www.torresmacarena.com