In der großartigen Kulisse von Gars am Kamp wird in diesem Jahr endlich, nach der pandemiebedingten Pause die Oper „Carmen“ gezeigt und diesmal zeigt sich sogar das Wetter gnädig.
Wie in Merimées Novelle zeigt Regisseur Dominik Wilgenbus Don José nicht als unschuldiges Opfer, schon bevor seiner Begegnung mit Carmen weiß man um seine Vergangenheit: er ist spielsüchtig, cholerisch, unberechenbar und gewalttätig. Er ist auf der Flucht, weil er einen Mann mit einem Stock erschlagen hat .
Bei Carmen beschränkt er sich jedoch auf die Beschreibung der wilden Zigeunerin und der Femme fatale. Bei Merimée ist sie ja nicht nur sehr schön, sondern auch intelligent und großherzig. Sie ist der Heilkunde mächtig und rettet Don José zweimal das Leben und zwar zu einem Zeitpunkt an dem sie ihn nicht mehr liebt. Dennoch ist sie loyal.
Sie hat einen hohen Ehrbegriff und die Tat, die sie ins Gefängnis bringt, diente dazu, ihre Ehre zu verteidigen.
Sie ist auch der Kopf der Schmugglerbande, sie hat also durchaus und vor allem Eigenschaften, die damals als männlich erachtet wurden und das wird ihr nicht verziehen. ….
Ljubica Vranes fehlt in dieser Inszenierung ein wenig die Leidenschaft, interessanter ist hier schon ihre Gegenspielerin Corinna Koller als Micaela, übrigens eine Erfindung der Oper, die in der Novelle nicht existiert. Koller hat nicht nur stimmliche Qualitäten, auch als Schauspielerin ist sie viel glaubhafter.
Genauso geht es Oscar Marín als Don José. Er wird von einem herausragenden Neven Crnic als Escamillo mühelos in den Schatten gestellt. Wunderschön das Orchester Gars unter der Leitung von Intendant Johannes Wildner – und damit schon genug, ich bin ja keine Opernkritikerin.
Bemerkenswert wie immer die Kulisse und die Tatsache, dass unverstärkt gesungen wird. Wenn Sie also einen bezaubernden Abend im schönen Waldviertel verbringen wollen, dann fahren Sie hin, es lohnt sich und Sie werden es lieben. Die Oper wird noch bis 6. August gespielt und nähere Informationen finden Sie hier.
Oper Burg Gars
Carmen
14.07.-06.08.2022
Szenenfotos: Jennifer Bilska
Titelbild: Reinhard Podolsky