Es ist schon wieder über ein Jahr her…
Am 19. Mai dieses Jahres starb in Sevilla der begnadete Sänger, Gitarrist und Komponist Manuel Molina. Nach seiner Krebsdiagnose vor 3 Monaten verweigerte er jede Art von Behandlung. Er wollte in Würde sterben und wenn möglich in einem Theater. „Was geschehen muss, wird geschehen“, sagte er.
Eine Woche vorher war seine Tochter , die Sängerin Alba Molina mitten in den Vorbereitungen für eine Hommage an ihren Vater, an der alle Großen des Cante gitano teilnehmen sollten, natürlich auch seine Exfrau, die großartige Lole Montoya. Da sich sein Gesundheitszustand massiv verschlechtert hatte, musste das Konzert abgesagt werden und kurz darauf starb Manuel Molina in seinem Haus in San Juan del Aznalfarache.
In einer Liga mit Camarón de la Isla oder Enrique Morente war er mehr als ein guter Interpret, er war ein Idol, ein großer Künstler und er verkörperte eine Welt. Er sang nicht so gut wie Camarón und er spielte auch nicht Gitarre wie Paco de Lucía, aber er war für Sänger und Gitarristen ein Vorbild. Er war ein Erneuerer und nur die, die neue Wege öffnen in einer Kunst, können Vorbilder sein. Er fand einen Zugang zu den jungen Leuten, denn sie wussten, was er ermöglicht hatte, auch wenn ihm Zeit seines Lebens die Anerkennung dafür versagt bleiben sollte. Die jungen Gitanos verehrten ihn als Patriarchen und ja, Manuel Molina war Gitano durch und durch obwohl er es niemals wie ein Schild vor sich hertrug.
Mitte der 70er Jahre erschien die erste Platte des Duos „Lole y Manuel“, das ein neues Zeitalter im Flamenco einläuten sollte. Es war sowohl ein soziales als auch ein musikalisches Phänomen. „Nuevo día“ hieß die Platte und diese langsame, leicht melancholische Bulería war hell und optimistisch, jung und sensibel war die Stimme von Lole Montoya. Es gibt kaum eine Sängerin in der jungen Flamencoszene, für die sie nicht eine Referenz bedeutete. Sie war die Interpretin, aber der Komponist, der Erfinder dieses neuen Genres war Manuel. Er komponierte für sie eine neue Form des Cante, eine sensiblere, musikalischere, poetischere Form.
Schon vor dem legendären Duo mit Lole spielte er in der spanischen Musikgeschichte eine bedeutende Rolle als Gründungsmitglied der andalusischen Rockband Smash, die unter anderem berühmt wurde durch ihren „verrockten“ Garrotín.
In den letzten Jahren fand er seine wahre Berufung in einer Rolle, die er selbst erfunden hatte. Die des singenden Poeten, der halb sang, halb flüsterte, seine eigenen Gedichte in diesem langsamen, entspannten Rhythmus der Bulería. Viele Künstler holten ihn auf die Bühne, Farruquito, José Galán und andere. Er verkörperte das Alte, Schöne, das Emotionale aber sanfte Bild des Flamenco gitano und das war sein letzter Wunsch, por Bulería natürlich:
„Que nadie vaya a llorar
el día que yo me muera
es más hermoso cantar
aunque se cante con pena“
„Niemand soll weinen
an dem Tag an dem ich sterbe
viel schöner ist es zu singen
zu singen auch wenn es schmerzt“
Foto: Fidel Meneses