La Puebla de Cazalla ist immer eine Reise wert. Nicht gerade im Sommer, da ist es einfach zu heiß, obwohl es ein hübsches Schwimmbad hat. Im Sommer fährt man nur aus einem Grund in diese gar nicht so kleine, wunderhübsche Stadt: Die Reunión de Cante jondo. Die Versammlung um Cante zu hören an einem der Orte, die wie für den Cante geschaffen sind. Ein Cortijo mit einem riesigen Innenhof, La Hacienda la Fuenlonguilla, Mitte des XIX. Jahrhunderts erbaut, die sich den Zauber der Vergangenheit bewahrt hat.
Man geht hier zu Fuß hin, nachdem man sich in einer der unzähligen Bars eine Tapita und ein kühles Bier genehmigt hat und mit etwas Glück verwandte Seelen traf, die Lust auf einen Tratsch haben, was praktisch immer der Fall ist.
Dass die Bar ‚Central’ ihre Türen geschlossen hat ist ein Verlust, der schwer zu ertragen ist, gab es hier doch über die vielen Jahre Reuniones und Juergas, die in die Geschichte eingegangen sind. Wie wir alle wissen – nichts ist ewig – aber es ist dennoch traurig, dass die Stadtregierung einen so mythischen Ort verkommen lässt.
In der Woche vor der Reunión finden bei freiem Eintritt verschiedenste Veranstaltungen in der ganzen Stadt statt, Ausstellungen, Vorträge, Filmprojektionen und natürlich auch Konzerte. In diesem Jahr zum Beispiel die Performance der ‚Los Voluble’, die die Volksseele zum kochen brachte oder Mercedes de Córdoba, die mit ihrer Soleá die Plaza del Convento in Ehrfurcht erstarren ließ.
Die Reunión am Samstag wurde um eine Stunde vorverlegt und begann um 22:00, die Aficionad@s haben nicht mehr das Durchhaltevermögen früherer Zeiten, wo man selten vor Sonnenaufgang nachhause ging.
Eine Premiere in diesem Jahr, die man nicht müde wurde zu erwähnen, stellte die Sologitarre dar, mit der eröffnet wurde, denn es war Antonia Jiménez, die erste Gitarristin in der über 50 Jahre dauernden Geschichte des Festivals. Ihre Soleá im ersten Teil und vor allem ihre wunderbare Taranta im zweiten erfreuten alle LiebhaberInnen der guten Musik, egal welchen Genres.
Die vier Cantaor@s, die den Abend bestritten, brachten wenig Überraschungen und die Härchen an den Unterarmen hatten ihre Ruhe. Der einzige, der erkannte, dass hier kein Funke übersprang, war Jesús Méndez, der sich im richtigen Moment erhob und an die Rampe trat, mit einer Bulería, die man über die Mauern des Cortijos hören konnte, auch ohne Mikro.
La Yiya aus La Puebla hatte nicht ihren besten Tag und Elu de Jerez bewies wieder einmal, dass Lautstärke nichts mit Intensität zu tun hat.
Der große José de la Tomasa aus Sevilla kam als letzter an die Reihe, trotz fortgeschrittener Stunde, es war bestimmt schon zwei Uhr früh, und das Publikum verbeugte sich, eine wohlverdiente Respektbezeugung, denn von diesen Cantaores gibt es nur mehr wenige.
Die Begleitgitarristen in diesem Jahr waren so gut, dass ihnen ein großer Teil des Beifalls gespendet wurde, sowohl Miguel Salado, als auch El Perla, Antonio Carrión und, nicht zu vergessen, Javier Ibáñez, der für Eduardo Guerrero spielte, der in diesem Jahr als Tänzer eingeladen war. Über ihn werde ich in meinem nächsten Beitrag berichten.
Nach der traditionellen ‚Ronda de Tonás y Martinetes’ der vier Cantaor@s und der abschließenden Fin de Fiesta ging es dann in den Barbereich um die Ecke bei der einer meiner Lieblings DJs auflegte und selbst die müdesten BesucherInnen zum Tanzen brachte: José Manuel Gómez, Gufi, ist ein besonders interessantes Exemplar der menschlichen Spezies, im menschlichen wie auch im künstlerischen Sinn. Seine Playlists auf Gladys Palmera sind sensationell und seine Interviews wirklich lesenswert. Wie unglaublich erfrischend ist doch ein freier Geist. Ich bin ein Fan.
Als ich dann gegen sechs Uhr früh mit meinem Freund Fidel Meneses zum Auto ging, das er, warum auch immer kilometerweit entfernt geparkt hatte, war mir eines klar: die Reunión im Juli ist ein Termin, den ich mir jedes Jahr freihalten werde. Und das sollten Sie auch tun.
Reunión de Cante Jondo 2023
La Puebla de Cazalla
https://reuniondecantejondo.wordpress.com/
Text und Fotos: Susanne Zellinger