Im Zuge der Dreharbeiten für das nzz Format machte Sibylle Thiessen ein Interview mit Rosario Montoya Manzano, La Farruca. Als Tochter des großen Farruco betrat sie mit 15 Jahren zum ersten mal die Bühne, begleitet am Cante von niemand geringerem als Camarón de la Isla. Nach dem tragischen Tod ihres Mannes „El Moreno“ zog sie sich für einige Jahre von der Bühne zurück.  Heute ist sie wieder da und feiert im Kreis ihrer Söhne den Flamenco puro.

 

Können Sie uns ein wenig über Ihre Familie erzählen?

Uff, darüber könnte ich 100 Jahre lang reden. Wir sind so, wie man in Spanien sagt, wie die Cucarrachas. Sie sterben und reproduzieren sich wieder, alle meine Vorfahren waren Künstler. Jetzt sind das meine Söhne, meine Nichten und Neffen und deren Kinder und auch meine Enkelkinder, mein Enkel und meine Enkelin, insgesamt habe ich 6 mit dem der gerade kommt, da ist der Sohn von Farruquito, der ist unbeschreiblich, die Tochter von meinem mittleren, Farru, die singt, dass man sie auffressen möchte und seine kleine Tochter, die ist 1 ½ und wir können es kaum fassen, sie kann noch nicht Mama und Papa sagen, aber sie tanzt schon, das ist bei allen so, sie tanzen, bevor sie sprechen können, ihre Muttersprache ist der Tanz.

Das sind die Wurzeln Ihres Vaters

Ja, meine Großmutter tanzte auch, allerdings nicht professionell, und die Wurzeln oder der Stamm war mein Vater Farruco, der Meister, aber er hat eine ganze Herde hinterlassen.

Was haben Sie von ihm gelernt?

Sehr viel, und damals konnte ich es vielleicht gar nicht schätzen, aber heute schätze ich jedes Detail, jeden Moment und jeden Augenblick umso mehr, denn alles , was er sagte, war wie ein Gesetz und eine große Wahrheit.

Denn wenn du noch klein bist, möchtest du vielleicht, aber du weißt es noch nicht, aber meine Schwester und ich wollten tanzen, wir sind 5 Schwestern, aber nur wir beiden tanzten, meine Schwester Pilar ist leider nicht mehr hier und von unseren Kindern tanzen mehr Jungen als Mädchen. Ich hatte einen Bruder, Farruquito, der unglaublich gut tanzte, aber er starb mit 18 Jahren.

Haben Sie ihren Sohn Farruquito das Tanzen gelehrt?

Der hat schon getanzt, als er noch in meinem Bauch war, das ist die Wahrheit, denn ich tanzte, bis ich hochschwanger war und wenn ich fertig war und mich setzte, tanzte er. Ich schwöre es, er tanzte. Und ich war wie erstarrt, es war ja meine erste Schwangerschaft und ich hatte fast Angst.

Mein Vater hat ihn unterrichtet, ich gab ihm eher Ratschläge, aber man sah sofort, dass ein Großer aus ihm werden würde. … Wenn ein Mensch das im Blut hat, sieht man es sofort, ich habe 4 Kinder, meine Söhne tanzen und meine Tochter, sie ist mein Augenstern, aber sie tanzt nicht. Man sieht es einfach sofort.

Und bei Farruquito ist es Talent oder Arbeit?

Das Üben meinen Sie?. Die wirklichen Flamencos sind nicht so diszipliniert wie die klassischen Tänzer, sie üben nicht soviel. Wir haben eine Basis, aber wir trainieren nicht 4-5 Stunden am Tag. Die echten Flamencos sind eher spontan, sie tanzen mit dem Herzen, aus einem tieferen Sinn heraus, wir haben das in den Genen.

Die Familie ist sehr wichtig für euch, oder?

Wenn das nicht so wäre, hätten wir nicht so eine tiefe Bindung zueinander, wir sind alle wie eins, wenn ich tanze und einen Fehler mache, sagen meine Söhne, nein, so geht das nicht und wenn sie sich irren mache ich es genauso.

Und die Identität als Gitanos, wie bedeutsam ist sie?

Wir sind vor allem Menschen, wir haben unsere eigene Kultur, das ist klar, aber vor allem sind wir Menschen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Payos und Gitanos?

Nein, jeder ist, wie er ist, die Payos wie die Gitanos wie die Schwarzen oder die Japaner. Wir Gitanos haben den Tanz im Blut und wir beweisen es indem wir tanzen wie wir fühlen. Den Flamenco Puro. Das kommt aus dem Blut und aus dem Herzen, seit vielen Jahren. Es gibt Leute, die gut tanzen, aber eben anders.

Ist Farruquito Ihrem Vater sehr ähnlich?

Er trägt seinen Stempel, sein Markenzeichen, aber er hat sich entwickelt, ohne diese Schule zu verleugnen.

Wie sehen Sie den Flamenco von heute?

Ich möchte darauf nur sehr kurz antworten: Heute nennen die Leute ja alles Flamenco, aber der Flamenco braucht Respekt und Intelligenz. Die Leute machen sich verrückt, weil sie glauben, dass sie irgend etwas erfinden müssen und am Ende denken sie, der Flamenco ist ein Spiegelei, aber Flamenco tanzt man mit Seele, mit Respekt und mit dem Herzen. Und den Schmerz. Es genügt nicht, 2 Schrittchen zu machen und das dann Flamenco zu nennen. So einfach ist das nicht.

La Farruca im Interview mit Juan Garrido, Jerez