Das Kritiker/innendasein hat viele erfreuliche, aber auch viele unerfreuliche Seiten. Zum Beispiel die, dass man/frau immer versucht, die persönliche Meinung außen vor zu lassen, was nicht gelingen kann, weil ja auch eine Stellungnahme erwartet wird und keine Nacherzählung.

Eine andere ist der Moment, in dem man feststellt, dass man einen Künstler nicht erwähnt hat, obwohl er in einem Stück eine bedeutende Rolle gespielt hat, ohne die das Ergebnis ein anderes geworden wäre, und es einem nicht einmal aufgefallen ist. So geschehen bei einer namhaften Kritikerin nach der Premiere von „Sin Permiso“ in Sevilla.

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Mir fiel es auf – ich habe ja sonst nichts zu tun – und als ich sie danach fragte, warum sie Canito nicht erwähnt hätte, war sie entsetzt, erstens, weil es ihr nicht aufgefallen war und zweitens, weil die Rolle von Cano so wichtig und tragend ist für dieses Stück, dass sie nicht übersehen werden kann, was ja auch eine Ausnahme darstellt, sind die Gitarristen ja meistens Randfiguren, nicht musikalisch natürlich aber von der Interpretation her.

Gitarristen haben keine Persönlichkeit auf der Bühne, sie sind da, aber die Geschichte tragen die anderen. Nicht so bei Juan Antonio Suárez in „Sin Permiso“.

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Da ist nicht nur seine körperliche Präsenz, mit der er die Bühne beherrscht, sobald er aufsteht und sich bewegt, da sind nicht nur diese vielen kleinen Gesten, die Blicke, die Ruhe, die er ausstrahlt und die Kraft, sondern auch seine Kompositionen, die, fern ab von gewöhnlichen Abläufen eines Palos jedem Moment eine ganz besondere Bedeutung geben. Er insistiert durch Wiederholungen und ungewöhnliche Klangstrukturen, gibt ihnen so ein Gewicht, dass sie noch Tage später im Ohr nachklingen und in den Zuschauern den Wunsch erwecken, sie noch einmal zu hören.

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Die Petenera in „Sin Permiso“ ist so eine Komposition und sie verleiht dem Stück gleich zu Beginn eine Intensität, die bis zum Ende nicht nachlässt. Da ist Intimität und Nähe, aber auch ein Rufen und ein Nicht gehört werden, ein Gehen und ein Bleiben wollen, der Wunsch nach Liebe und im Hintergrund dieses fragile Gleichgewicht in einer Beziehung, in der man nie sicher sein kann, ob man nicht verletzt wird.

All das ohne Worte und in einer einzigen Szene. Meisterhaft dargestellt von Ana Morales und Juan Antonio Suárez und festgehalten in den wunderbaren Bildern von Albrecht Korff.

Ana Morales. „Sin Permiso. Canciones para el Silencio“

Tanzhaus nrw, 13.04.2019

Fotos: Albrecht Korff

Text: Susanne Zellinger