Jerez, Jerez
Die Stadt Jerez de la Frontera hat 200 000 Einwohner und sie liegt an der alten Grenze von Al Andalus, dem Reich der Mauren. Sie ist die Hauptstadt des Sherryweins, dessen Name auf die arabische Bezeichnung für Stadt zurückgeht „Sherish“. Jerez ist voll von alten Bodegas mit riesigen Sherryfässern wie jene der González Byass in der jeden Februar zur Festivalzeit Flamencokonzerte stattfinden. Es ist auch die Geburtsstadt vieler berühmter Flamencokünstler und es bewahrt noch den Geruch der guten, alten Zeit, in der alles besser war. Es ist vielleicht auch die einzige Stadt der Welt, in der die Gitanos und die Payos seit Jahrhunderten in Harmonie zusammenleben. Es gibt Studien, die behaupten, dass einer von vier Jerezanos Gitanoblut in sich trage. Seit Jahrhunderten wird der Flamencogesang von Generation zu Generation weitergegeben und Tía Anica la Piriñaca bestätigt, dass es in jedem Haus zumindest einen gibt, der tanzen, spielen oder singen kann. Die Flamencogitarre hat einen besonderen Platz eingenommen und die jungen Gitarristen von Jerez sind so gut, dass sie kaum übertroffen werden können: Von Bolito über Manuel Valencia, Juan Diego und Diego del Morao bis zu Santiago Lara und Alfredo Lagos, die an diesem Abend in Utrecht bei Made in Jerez auf der Bühne standen. Ich bin keine Gitarrenexpertin, aber ich konnte die offenen Münder der anwesenden Gitarristen sehen, sobald Alfredo seine Finger über die Saiten fliegen ließ und seinem Instrument die schrägsten Töne entlockte, aber natürlich mit Soniquete.
Sänger David Lagos ist zu einem Bewahrer der vergessenen Cantes geworden, ein würdiger Nachfolger von Antonio Mairena, aber abgesehen davon ist er ein wunderbar sensibler Begleiter der Tänzer und erst wenn er alleine singt, zeigt er, dass seine Stimme gar kein Mikro braucht. Mercedes Ruiz war wie immer ästhetisch, präzise und mit den Kastagnetten bei der Seguiriya erstklassig. Sie hat Grazie, Charme und wenn man schon die Wörter nicht versteht, weiß man, was gemeint ist. Sie gibt den Texten von David Lagos, die er übrigens fast alle selbst schreibt, eine ganz besondere Farbe.
Mercedes war aber nicht allein, mit Diego de la Margara und dem 80jährigen „El Zorri“ mit seiner Pataíta wurde dem Publikum die ganze Bandbreite des Baile de Jerez präsentiert. Es dankte mit Standing Ovations und folgte bereitwillig zum Publikumsgespräch, das David Lagos zu einem eigenen Event machte. Seine Frau, Melchora Ortega, Cantaora war auf der Bühne temperamentvoll wie immer und auch sie hat eine starke, schöne Stimme, Bühnenpräsenz und Soniquete. Perico Navarro an der Perkussion, genau und niemals im Vordergrund und der junge Sänger Javi Peña zeigten, was Jerez alles zu bieten hat. Eine gelungen Einladung zum Festival in Jerez, das am 24. Februar beginnt.
Stadsschouwburg Utrecht, 26.1.2017