Jorge Drexler ist einer der großen Songwriter der Jetztzeit, lyrisch, aktuell, intelligent, witzig, ein Mann mit Charisma, ein großartiger Showman und ein Poet. Und da sind wir auch schon mitten im Problem.
Eröffnet wurde der Abend mit einem seiner bekanntesten Songs „Rema“, im Duett mit Rocío Márquez.
Rema
Ich höre eine Stimme, die mich ruft,fast wie ein Seufzer
Rudere, Rudere, rudere
An diesem Ufer der Welt ist das, was nicht Beute ist, Ödland.
Ich glaube, ich habe auf der anderen Seite des Flusses ein Licht gesehen.
Ich rudere mit großem Ernst, aber tief drinnen lächle ich.
Ich glaube, ich habe auf der anderen Seite des Flusses ein Licht gesehen.
Großartiges Lied, großartiger Text. Was es mit dem Flamenco zu tun hat? Nichts. Ob es dadurch schöner wird, dass Rocío Márquez die zweite Stimme singt? Nein. Ob ihr Drexler die Show stiehlt? Auf jeden Fall.
Rocío Márquez besitzt eine der schönsten Stimmen des aktuellen Panoramas und auch eine der größten, wie sie gestern wieder nachdrücklich bewies. Ein Atem, der nie aufzuhören scheint und bis zum Ende Kraft hat, eine perfekte Intonation und einen großen Umfang. Sie ist wunderschön und feiert gerade einen Siegeszug durch die Theater der Welt mit der Präsentation ihrer letzten Cd „Visto en El Jueves“ und dass sie mit Jorge Drexler arbeiten will, verstehe ich, denn wer will das nicht. Dennoch ist es ein Experiment, das nicht wirklich funktioniert und das ist schade.
Dass es in der uruguayischen Folklore Vidalitas, Milongas und Guajiras gibt heißt noch lange nicht, dass sich eine Verbindung mit den Cantes de Ida y Vuelta lohnt, auch wenn man es gerne möchte.
Langer Rede kurzer Sinn: Es hat nicht funktioniert, auch wenn es ein paar großartige musikalische Momente gab, immerhin waren da ja auch noch Agustin Diasserra und Miguel Ángel Cortés. Bei den wenigen Flamencothemen von Rocío, Romance, Rondeña, Couplé por Bulerías und einer großartigen Seguiriya brauste demnach auch eine Welle von Applaus über sie hinweg, genauso wie beim Abschiedslied von Jorge Drexler.
Ich bin ein jüdischer Maure,
der bei den Christen lebt
Ich weiß nicht, welcher mein Gott ist,
noch wer meine Brüder sind.
Es gibt keinen Toten, der mich nicht schmerzt.
Es gibt keine Gewinnerseite
Es gibt nichts als Leid
Und ein anderes Leben, das entschwindet.
Flamenco on Fire 2019
Text: Susanne Zellinger
Fotos: Javier Fergo