Das ehemalige Andino hat sich zum „Mi Barrio“ umgetauft, manches hat sich verändert, aber vieles ist auch gleich geblieben und das ist gut. Die Lage in der Münzwardeingasse im 6. Bezirk in Wien ist angenehm, das Ambiente charmant, das Chili con Carne hervorragend und der Veranstaltungssaal im ersten Stock einfach perfekt für Flamencoveranstaltungen im Tablao Format.
Marco de Ana auf der Bühne zu sehen war wie immer eine Ereignis, sein Tanz ist, auf spanisch würde ich sagen, original, auf deutsch geht originell leider gar nicht. Er hat einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt, unübersehbar der Einfluss von Israel Galván, aber eher von den Ideen her, denn wie Marco de Ana dieses hochkomplizierte Fußwerk und diverse Posen in seinen Tanz einbaut ist eben ganz anders. Reich auch sein schier unerschöpfliches Repertoire an Armbewegungen und diesen kleinen „Guiños“, die der Flamenco unbedingt braucht. In seiner Soleá por Bulería tanzte er sich und das Publikum in eine Trance, die beide atemlos zurückließ.
Schön war auch der Gegensatz zu Carmen Torres, die mit einer Alegría den Reigen eröffnete, traditionell, sehr weiblich und spielerisch eroberte sie sich die Bühne und das Herz der ZuschauerInnen.
Für Carmen Fernández hatte ich schon immer eine Schwäche, sie hat ein warmes Timbre in ihrer großen Stimme, das mich immer wieder berührt. Wie groß ihre Stimme ist zeigt sich dann beim Fin de Fiesta, wenn sie vor das Mikro tritt und man merkt, eigentlich braucht sie gar keins. Als Gitana aus Utrera greift sie immer auf die alten Cantes zurück, einer ihrer Lieblingssänger ist Juan Talega, ihr Lieblingspalo die Seguiriya, sie fühlt sich aber auch in den Cantes Festeros wohl, wie man gleich zu Beginn bei den Tangos hören konnte. Sie ist ein heißer Tipp für alle österreichischen Flamencoformationen, die verzweifelt eine Sängerin suchen, denn sie lebt seit Jahren in Hannover und das ist ja etwas näher als Sevilla. An der Gitarre war Morenito de Triana, spielsicher und gut gelaunt wie immer.
Unbekannt ist ja, wie Marco de Ana immer wieder die Energie aufbringt, so kleine, feine Veranstaltungen zu organisieren, sein Terminkalender ist nämlich randvoll, aber vielleicht macht es ihm einfach auch Spaß und eigentlich fehlt in Wien ja ein Tablao, nicht nur für das Publikum, sondern auch als Treffpunkt für Künstler und Aficionad@s, aber mal sehen, was das neue Jahr bringt.