Eine kleine Einführung über das Erfolgsstück von Manuel Liñán habe ich ja schon in meinem Artikel über die Pressekonferenz gegeben, die Realität übertrifft aber natürlich das Gesagte bei weitem. Sieben Männer in Frauenkleidern, mit Perücken und „pintados como la pared“, wie man auf Spanisch sagen würde, wurden schon zu Beginn so euphorisch begrüßt, dass eigentlich nichts mehr schiefgehen konnte und so war es auch.
Eine leichte Irritation zu Beginn – es kann aber auch die fürchterliche Perücke von Manuel gewesen sein – verflüchtigte sich ob der hohen Kunst der Damen, angefangen bei Hugo López, der auch als einziger eine gewisse Fragilität und Empfindsamkeit ausstrahlte, was ich bei den anderen ein wenig vermisste. Das waren alles gestandene Männer, die einer Sehnsucht nachgaben, die sie schon lange in sich trugen.
Die Tangos de Triana von Manuel Betanzos gehören mit zu den besten, die ich auf dieser Bühne je gesehen habe, der Pas de Deux in Escuela Bolera von Daniel Ramos und Victor Martin waren bezaubernd, der Tarantos von Manuel Liñán, der dann auch etwas Ernst in die Angelegenheit brachte, meisterhaft und die Musik und die Lichtregie waren perfekt, genauso wie der Rhythmus, der in keinem Moment abflachte, obwohl das Stück fast zwei Stunden dauerte, den nicht enden wollenden Schlussapplaus nicht einberechnet.
Dennoch kehrte meine Irritation heute Morgen zurück. Und jetzt weiß ich auch, was es war: das Frauenbild, das hier vermittelt wurde, ist genau das, was mich bei Hollywoodfilmen schon immer nervte: Frauen, die kreischend herumspringen, in Ohnmacht fallen, kokett ihr Haar aus dem Gesicht streichen, sich gegenseitig eifersüchtig beobachten und glücklich in den Arm des Mannes sinken, wenn gerade einer bereit steht. Aber gut – wenn frau diese Überlegungen aus dem Background außer Acht lässt, wird „¡Viva! Mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Jahr mit dem Publikumspreis ausgezeichnet werden.
Manuel Liñán: ¡Viva!“
Teatro Villamarta, 28.02.2020