Tomás Fernández Soto, Perrate, (Utrera1964) ist ein Nachkomme einer der großen Gitanodynastien des Cante flamenco, der Perrate de Utrera. Er ist der Enkel von Manuel Torre, der Sohn von Perrate de Utrera und der Neffe von María la Perrata. Familiäre Bande verbinden ihn unter anderem mit den Agujetas aus Jerez, der Familie Peña (El Lebrijano, Dorantes) aus Lebrija und dem legendären Sänger Bambino.
Aber er ist noch viel mehr, eine absolute Ausnahmeerscheinung im aktuellen Panorama des Cante, er ist gleichzeitig Tom Waits, Mick Jagger und der Rattenfänger von Hameln.
Was er gestern in der Bodega González Byass am frühen Abend veranstaltete, machte erwachsenen Menschen Lust, sich in die erste Reihe zu drängen und ihn anzuhimmeln wie verliebte Teenager.
Ich erinnere mich noch als wäre es gestern gewesen an einen unschuldigen Vormittag vor vielen Jahren, als ich einen Plattenladen in Sevilla in der Nähe der Plaza Alfalfa betrat und aus dem Lautsprecher eine Stimme klang, wie ich sie noch nie zuvor gehört hatte. – Wer ist das, bitte? – fragte ich und der gelangweilte Junge auf seinem Hocker warf mir ein – Ach das, das ist Perrate, aus Utrera – über die Theke. –Die muss ich haben, jetzt gleich – sagte ich, und er –Keine mehr da, das ist die letzte und die Hülle hab ich verlegt.-
Ich brauchte geschlagene sieben Minuten, aber dann nahm ich sie, eingewickelt in ein Papiertaschentuch, mit nach hause. Ich hörte sie in den nächsten Tagen rauf und runter, bis mich ein wütendes Veto der Restfamilie ereilte. Diese CD ‚Perraterías’, eine Produktion von Ricardo Pachón – wer sonst?- machte mich zum Fan, was sich bis heute nicht geändert hat.
Mit seinen großartigen Musikern bot er gestern Abend eine Show, die musikalisch zum Spannendsten gehört, was der Cante im Moment zu bieten hat. Der Gitarrist Paco de Amparo, einer der würdigen Vertreter der Schule des Diego del Gastor, der Perkussionist Antonio Moreno aus Utrera und der Pianist Pepe Fernández, der sich ab und an bis zu den Ellbogen auf sein Piano legte, brachten die ehrwürdige Bodega zum Kochen und den Rest erledigte Perrate im Vorbeigehen.
Gleich am Anfang ist klar, dass dies kein gemütlicher Spaziergang wird, sondern ein faszinierendes Eintauchen in eine andere Welt. Seine metallische Stimme, seine Musikalität, sein Charisma und sein Humor sind genauso bemerkenswert wie seine Abenteuerlust und seine Neugier. Eine Soleá de Triana und eine Bulería, eine Chacona und eine Jácara, Seguidillas del Alosno und eine Toná – eigentlich völlig egal, er hat den Swing und ich bin ein Fan. Holen Sie sich diese CD, damit es Ihnen nicht genauso geht wie mir damals. Oder suchen Sie ihn auf Spotify. Es zahlt sich aus.
Perrate: Tres Golpes
Bodegas González Byass
26.02.2023
Text: Susanne Zellinger
Fotos: Tamara Pastora