Auf der Suche nach der Schönheit
Die Ideen entstehen im Kopf. Und die Idee von Marta Gálvez ist eine besonders Schöne. Die Dama de Noche ist eine ganz spezielle Pflanze. Sie hat hübsche, kleine weiße Blüten, die einen betörenden Duft verströmen. Aber sie öffnen sich erst, wenn die Dämmerung einbricht, when night falls. Für viele Menschen hier im Süden sind mit der Dama de Noche Erinnerungen an die Kindheit verbunden. An die Großmutter, die die Pflanze pflegte und die manchmal auch ein Sträußchen abschnitt um sie auf den Kopfpolster zu legen.
Den Prozess des Erblühens versucht nun Marta Gálvez zu ertanzen, spürbar zu machen. Kein leichtes Unterfangen. Noch dazu in der kühlen Nacktheit des neuen Spielortes, der uns in diesem Jahr das Leben ein wenig schwerer macht.
Denn das Öffnen der Blüten geschieht langsam. Und gerade diese Langsamkeit, im zeitgenössischen Tanz fast immer präsent, ist im Flamenco etwas, an das man sich erst gewöhnen muss. Sie hat ja ewig lang nicht getanzt, sagte einer der Besucher zu mir nach der Vorstellung, denn für die Flamencos ist tanzen etwas anderes, als sich in Zeitlupe zu bewegen, sich Zeit zu lassen um ein Gefühl zu vermitteln.
Auch die Eroberung des Bodens als Tanzraum ist nicht so leicht zu verstehen. Das macht es für die jungen Tänzerinnen schwer, denn natürlich schauen sie auch in andere Richtungen, kennen Pina Bausch und Jiri Kylian, und auch hier nimmt Marta Gálvez ihre Anleihen.
Wenn ihr die langen Haare übers Gesicht fallen, wenn sie ihr Kleid oder auch den Fächer in den Mund nimmt, wenn die Musiker ohne ersichtlichen Grund auf der Bühne herumgehen, wenn sie ihr Kleid über den Kopf zieht – das alles ist für mich, die ich lange im zeitgenössischen Tanz zuhause war, verständlich, für viele Zuschauer aber nicht.
Erst gegen Ende tanzt Marta Gálvez, die schon in vielen Produktionen wie denen von David Coria glänzte, wie so oft ein wenig spät. Wahrscheinlich hätte sie da eine Regie gebraucht, damit der Rhythmus stimmt.
Die Musik war wunderbar, ein herausragender David Lagos am Cante, José Almarcha an der Gitarre und die Chilenin Isidora O’Ryan am Cello begleiten die junge Tänzerin in ihrer ersten eigenen Produktion.
Ein schönes Stück, das noch wachsen muss, aber dennoch ein schönes.
Marta Gálvez
Dama de Noche
CSBI
25.02.2025
Fotos: Esteban Abión
Text: Susanne Zellinger