Die riesige Bühne des Villamarta umgibt ein Lamellenvorhang, weiß, von der Decke bis zum Boden, er wird während des Stücks genützt als Ein- und Ausgang, an den verschiedensten Stellen öffnet und schließt er sich, sanft, ganz sanft schieben sich die Körper durch ihn durch und sie auch, ganz hell in Versatzstücken von Hemden, da ist der Kragen schon einmal am Oberschenkel angenäht, aber auch da, in vornehmer Zurückhaltung, alles in blendendem Weiß, auch die Schuhe.
Auf den riesigen Wänden Projektionen und Interventionen von Los Voluble, nicht immer klar erkennbar, am Beginn Tío Maleno aus Jerez, später dann Remedios Amaya mit ihrem berühmten Tangos, eine Reminiszenz an die ersten Tanzschritte von Eduardo Guerrero. Gleich am Beginn überraschen die drei TänzerInnen mit ausgefeilten Choreografien in Eduardos erster Gruppenarbeit. Die Energie über 90 Minuten aufrechtzuerhalten gelingt ihm uneingeschränkt, obwohl es auch Momente der Stille gibt, lyrische Momente wie bei dem wunderschönen Pas de Deux von Eduardo und Sara Jiménez, die in diesem Stück endlich ihre Qualitäten zeigen kann, vor allem in der Petenera.
Auch Alberto Sellés überzeugt, vor allem als Tänzer, die Serrana, die er singt, verblasst ein wenig, denn die Überraschung des Abends war für viele der junge Cantaor Ismael de la Rosa, aus der Familie der Fernández, 25 Jahre alt und eine Stimme, die man sich merken wird. Nicht dass man ihn noch nicht gehört hätte, aber in „Debajo de los pies“ kann er sich erst wirklich entfalten, ob in der Milonga – wunderbar- oder der Petenera a Palo Seco.
In den Tanguillos wird mit dem typischen Pfeifchen dem Carnaval de Cádiz gedacht, lustig, beschwingt, fröhlich und perfekt ausgeführt, wie alles an diesem Abend.
Spannend auch die Gitarre von Joselito Acedo, modern reduziert und die Perkussion von Manuel Reina. Mateo Feijoo hatte wieder, wie schon bei Sombra Efímera die szenische Leitung über, auch die Lichtregie von Benito Jiménez lässt keine Wünsche offen.
Die Soleá am Ende ist ein Höhepunkt des tänzerischen Könnens von Eduardo Guerrero, sie wäre es wert, in Einzelteile zerlegt zu werden, unfassbar, was dieser Körper alles hergibt. Er tanzt bis zur Erschöpfung, auch zur Erschöpfung der Tanz-Aficionados, da war so viel Kraft, soviel Energie und soviel Licht, dass der ganze Saal davon erfüllt zu sein schien. Die Soleá beginnt zwar langsam, in Slow Motion, bei der Eduardo mit dem riesigen Schatten eines projizierten Baumes verschmilzt, sie steigert sich dann aber in eine „Frénésie“, die sogar mich ermattet zurück ließ. Ein starkes Stück.
„Debajo de los piés“
Eduardo Guerrero
15.05.2021, Teatro Villamarta
Festival de Jerez
www.festivaldejerez.es
Fotos: Javier Fergo
Text: Susanne Zellinger