Alfonso Losa ist ein Magier
Was gestern Abend im Teatro Villamarta geschah, ließ die Zeit für einen Moment stillstehen. Das passiert nicht alle Tage und hinterlässt Bilder im Unterbewusstsein, die man immer wieder hervorholen möchte, denn nur die Schönheit erlaubt uns an das Glück zu glauben.
Alfonso Losa ist ein Tänzer, der eine technische Perfektion besitzt, die andere verzweifeln lässt, weil sie sie niemals erreichen werden. Talent, harte Arbeit und ein Gefühl für Emotionen, die er zulässt, nein eher sie hervorruft um uns an etwas teilhaben zu lassen, das wir manchmal tief in uns vergraben, damit wir nicht verletzt werden.
Alfonso Losa ist ein Tänzer auf der Suche nach Choreografen, die ihm genau das ermöglichen und er hat sie gefunden. Rafael Estévez und Valeriano Paños sind zwei der Schlüsselfiguren in diesem Prozess der Suche und sie gaben ihm die Möglichkeit endlich auf dem richtigen Platz zu stehen: allein auf der Bühne im leeren Raum und schon nach fünf Minuten die erste Ovation des Publikums hervorzurufen. Seine Arme, seine Technik, seine Klarheit in den Bewegungen, diese unglaublichen Drehungen, diese Ehrlichkeit und diese Einsamkeit ohne verloren zu wirken und dabei die Fähigkeit den Kontakt mit den Zuschauern herzustellen ist schon eine Klasse für sich.
Momentaufnahmen in jeder Sekunde zu machen wäre eine Möglichkeit zu zeigen, was alles machbar ist in diesem Tanz, der weit über den Flamenco hinausgeht. Die Grenzen verschwimmen und ein Meer tut sich auf, der Horizont liegt in weiter Ferne.
Alfonso Losa ist ein Tänzer, der sich zwei der schönsten Stimmen holte, die der aktuelle Flamenco zu bieten hat: Sandra Carrasco und Ismael de la Rosa „El Bola“ singen jeder für sich und im Duett und entführten uns in andere Sphären, unwirklich schön und magisch.
Die Gitarre von Francisco Vinuesa tut das ihrige und fließt durch das ganze Stück wie eine seidige Echse, die manchmal in der Sonne verweilt und sich dann wieder auf den Weg macht um die anderen einzuholen.
Alfonso Losa ist ein Tänzer, der nichts dem Zufall überlässt und in Concha Jareño eine Partnerin gefunden hat, die seine Wildheit einfängt ohne sie zu zerstören, die seinen Willen zähmt ohne ihn zu brechen. Das Duo „Por Fandangos“ wird hoffentlich in die Tanzgeschichte eingehen, denn es erzählt eine ganze Geschichte in einer Form wie sie selten zu sehen ist. Concha Jareño nähert sich und zieht sich zurück, sie flirtet und sie scheut, sie breitet die Arme aus und gibt Zärtlichkeit, sie tanzt und verharrt, sie ist wie ein tiefer Brunnen in dem das Wasser glitzert und wenn sie geht, langsam und bestimmt, dann ist sie ein Wesen aus einer anderen Zeit.
Die Zeit vergeht und wir haben noch nicht einmal auf die Uhr gesehen, jeder Moment ist kostbar und noch wartet ja diese Soleá, dieses Juwel, diese Überraschung der Feinheit und der Noblesse, in der Alfonso Losa sich auf kleinstem Raum bewegt, ohne die Bretter erbeben zu lassen, nein, er streichelt sie vielmehr, die Gitarre ist wie der Flügelschlag eines Kolibris und der Cante von Ismael wird zu einer Ode an das Leben und seinen Reichtum, was für ein Triumph, was für eine Botschaft!
Und dann fällt der Vorhang und wir kehren in die Welt zurück.
Flamenco: [espacio creativo]
Alfonso Losa
24.02.2022 Teatro Villamarta
Fotos: Javier Fergo
Text: Susanne Zellinger