Festival de Jerez 2025 – Ein Rückblick
Obwohl ich mich noch nicht ganz von den Strapazen und Freuden des Festivals erholt habe, erwachte ich heute Morgen im Dauerregen und mit einem Gefühl, dass noch ein paar Dinge gesagt werden sollten.
Ich bin ja auf vielen Festivals unterwegs, aber es geht nicht immer um Flamenco, fast immer aber um Tanz. Ein Pflichttermin im Sommer ist für mich das Impulstanz Festival in Wien. Schon Wochen bevor das Festival beginnt ist die Stadt überschwemmt mit Ankündigungen und Plakaten. Vor den Theatern, in den Parks, in den Bushaltestellen und U-Bahnstationen. Es ist praktisch unmöglich, nicht darauf aufmerksam zu werden und das in einer Großstadt, in der jährlich tausende von Kulturveranstaltungen stattfinden. In Jerez habe ich nicht ein Plakat gesehen, nicht an den Schauplätzen und schon gar nicht in den anderen Vierteln. Viele Jerezaner wissen nicht einmal, dass in ihrer Stadt eines der wichtigsten Flamencofestivals der Welt stattfindet.
A propos Stadtviertel – einer der Vorteile des Festivals war bis zu diesem Jahr der, dass alle Theaterbühnen im Zentrum lagen , sie zu Fuß bequem zu erreichen waren und in einer Luftlinie, was immer wieder zu unerwarteten Treffen führte und Gespräche ermöglichte, die sehr wichtig sind. Darum braucht Jerez auch kein Festivalzentrum, denn man trifft sich sowieso.
In diesem Jahr wurden die Auftritte der – vor allem – jungen Künstler ins Centro Social de Blas Infante verlegt und das liegt genau am anderen Ende des Zentrums. Dauerte die erste Vorstellung nur ein wenig länger musste man in die nächste schon laufen, damit man rechtzeitig da war. An eine Cervecita vor oder nachher war nicht zu denken, was auch daran lag, dass es im Umkreis des Centros keine nette Bar gibt, die dazu einlädt. Durch den Dauerregen in der zweiten Woche waren viele BesucherInnen gezwungen ein Taxi zu nehmen, eine Ausgabe, die für viele das Budget sprengte. Denn die Cursillistas, die Kursteilnehmer sind schließlich maßgeblich am Erfolg des Festivals beteiligt. Da sie fast alle aus dem Ausland kommen, geht oft ihr ganzes Jahres – Urlaubsbudget für diese zwei Wochen auf. Ich spreche aus Erfahrung, denn auch ich habe vor vielen Jahren hier als Tänzerin begonnen.
Die Grundidee, dass andere Teile der Stadt einen Schauplatz des Festivals bekommen sollten, ging gründlich daneben, auch dadurch, dass die Bewohner nichts davon mitbekommen haben – siehe oben.
Auch die Programmgestaltung war durchwachsen. Das Hauptthema war in diesem Jahr Generaciones, aber dass der Flamenco Generationen übergreift, ist ihm sozusagen immanent und als Thema dadurch ungeeignet. Es braucht für ein Festival eine Idee oder ein Konzept, aber das muss man sich gut überlegen und muss dazu schon mehr in die Tiefe gehen. Für mich gab es wenige Höhepunkte, aber ich bin als Journalistin natürlich kein Maßstab, denn ich habe zu viel gesehen. Aber für viele BesucherInnen war das Fehlen einer Einführung ein großes Manko, vor allem bei den moderneren Stücken, die komplexeren Inhalts sind.
Es gab auffallend viele Ballette, die mag man, oder man mag sie nicht, aber zumindest kann man die Ästhetik genießen und das ist ja auch etwas, was wir mögen. Highlights gab es wenige, das können Sie ja meinen Kritiken entnehmen, aber es gab sie.
Die neuen Ideen, wie die Encuentros, die Treffen mit den KünstlerInnen um sie besser kennen zu lernen funktionierten nicht so gut, wie erwartet, vor allem weil sie sehr kurzfristig angekündet wurden und zu den verschiedensten Zeiten an verschiedenen Orten stattfanden, genauso wie die offenen Proben, aber gut, manchen Erneuerungen muss man auch Zeit geben.
Die Peñas waren in diesem Jahr sehr präsent, das war erfreulich, obwohl die Wartezeiten auf den Einlass in manchen von ihnen eine Zumutung waren. Das OFF Festival in der Guarida del Ángel war wie immer ein Erfolg und in den frühen Morgenstunden unentbehrlich und auch Expoflamenco war sehr aktiv, genauso wie manche Academias.
Das Festival de Jerez ist eines der wichtigsten Spaniens und dennoch darf es nicht für selbstverständlich gehalten werden. Auch das großartigste Festival kann untergehen, wenn es nicht gepflegt und unterstützt wird, was beim Festival im tanzhaus Düsseldorf zu sehen war, denn das gibt es nicht mehr.
In den nächsten Tagen werden die Preise vergeben werden, und das war in diesem Jahr gar nicht so leicht. Vielleicht sollten auch hier Überlegungen angestellt werden, denn im nächsten Jahr feiert das Festival de Jerez seinen dreißigsten Geburtstag. Dies waren die Preisträgerinnen aus dem letzten Jahr:
Fotos: Tamara Pastora und Esteban Albión
Foto Impulstanz: Archiv
Text: Susanne Zellinger