Festival de Jerez 2017: Olga Pericet

„La espina que quiso ser flor o la flor que soñó con ser bailaora“

Und schon wieder habe ich etwas gelernt zum Thema man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Gestern sagte ich doch, der Titel von Melchora Ortega sei lang gewesen, aber der von Olga Pericet ist mindestens genau so lang: „Die Dorne, die eine Blume sein wollte oder die Blume, die davon träumte eine Tänzerin zu sein.

Was ich mir noch merken sollte ist, dass man mit Superlativen wie großartig, genial, hervorragend, unglaublich und so weiter sparsam umgehen sollte, weil dann keine Steigerungen mehr übrig sind und die hätte ich bei Olga Pericet nun wirklich gebraucht.

Ich versuch’s trotzdem. Die Tageszeitung in Jerez titelte „Olga de las maravillas“ in Anspielung auf Alice im Wunderland, und es war tatsächlich so, als würden wir ein Land voller Wunder betreten, voll von Schönheit, Zauber und Überraschungen. Olga Pericet ist ein kluges Mädchen und vertraute auf die Zusammenarbeit mit Carlota Ferrer, Schauspielerin und Regisseurin, und das ist inzwischen unbedingt notwendig. Früher, als die Flamencos sich auf die Bühne stellten und einen Palo nach dem anderen interpretierten, war das überflüssig, aber seit Mario Maya sollte eigentlich klar sein, dass ein komplexes Bühnenwerk einen Menschen braucht, der sein Handwerk versteht. Dann kann sich nämlich der Künstler auf das konzentrieren, was er/sie wirklich beherrscht. Ich verlange von meinem Schneider ja auch nicht, dass er mein Auto repariert. Carlota Ferrer spinnt einen feinen Faden, der das Stück zusammen hält, ohne zu erklären, einer ihrer Leitsätze stammt von Brecht :“ Wenn die Zuschauer nur Dinge sehen wollen, die sie verstehen, dann sollten sie nicht ins Theater gehen, sondern auf die Toilette.“

Die Bühne wird beherrscht von einem mit Dornen bestückten überdimensionalen Zweig, Licht durchflutet ist der Raum, die Requisiten spärlich, ein großer Tisch, ein paar Stühle, aber die sind auch nicht irgendwie, sie sind schwer, aus Holz, die Liebe liegt im Detail.

Olgas Kostüme sind so schön wie verschieden, von der blutroten, mächtigen Bata de Cola bis zum leuchtenden Nichts, poetisch und zart. Es gibt auch einen Moment der Nacktheit, aber auch der ist da, wo er ist plausibel und passend. Olga Pericet ist so wandelbar und bleibt doch immer sie selbst: Ob sie jetzt Clásico español, eine Soleá por bulería tanzt oder sich als gackerndes Huhn auf dem Rücken von Jesús Fernández über die Bühne tragen lässt.

Die Gitarren von Antonia Jiménez und Pino Losada sind wie immer harmonisch, wenn sie begleiten und meisterhaft in den Solis, Miguel Ortega hat eine goldene Kehle und Miguel Lavi schaut, dass es nicht gar zu schön wird, er gibt den rauen Touch, beide sind hervorragend und wie gesagt, mir fehlen die Adjektiva um zu beschreiben, was da gestern auf der Bühne passierte. Una maravilla.

Teatro Villamarta, 28.02.2017

„La espina….“

Olga Pericet

Fotos: Javier Fergo