Meltingpot Berlin

Erfahre ich von einer, im musikalischen Genre Flamenco beheimateten CD-Neuerscheinung aus Berlin, drängt sich mir unwillkürlich das Bild des kulturellen Schmelztiegels auf, auch wenn eben dieser, über Jahrhunderte in Andalusien gewachsene, ganz anderer Natur ist. Aber die, besonders seit dem Fall der Berliner Mauer in Stadtteilen wie Kreuzberg etc. entstandene internationale Kunst- und Musikszene und insbesondere die dort in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten auflebende Flamencowelt ruft solche Assoziationen in mir hervor. Aus diesem Blickwinkel ist für mich auch die Musik der 2011 in Berlin gegründeten Gruppe Azuleo zu betrachten, deren viertes Album, Felah Mengu, etymologisch gesehen eine Anspielung auf eine der Erklärungen des Wortes Flamenco, gerade erschienen ist.

Alles ist möglich

Das Album ist eine vielseitige Mischung bzw. Vermischung musikalischer Einflüsse, basierend jedoch auf den traditionellen „Palos“ im Flamenco, deren Charakteristik, insbesondere auf rhythmischer Ebene, auch streng respektiert wird. Was aber kein Hindernis darstellt, in der einleitenden Rumba oder der darauffolgenden Bulería – um nur zwei Beispiele zu nennen – auf geschickte Weise funkige Elemente einzubauen. Die sehr schöne Geige von Ayman Hlal transportiert für mich nicht nur die, aufgrund seiner syrischen Wurzeln um so naheliegenderen arabischen Elemente dieser Musik, sie birgt für mich auch das musikalische Vokabular der Balkangeige in sich, wodurch sich der Kreis zur Musik der Roma in verschiedenen kulturellen Ausprägungen schließt.

Album

Alegría, Alegría

Auffallend und auch sehr sympathisch ist für mich die Art und Weise, wie in den einzelnen, aufeinanderfolgenden Nummern den verschiedenen Instrumenten dieser sechsköpfigen Formation nacheinander die Protagonisten-Rolle zugeordnet wird; sei es in den rein perkussiv gestalteten Alegrías des Perkussionisten Antonio Piñera, in den fast nur vom „Zapateado“ der Tänzerin Ñusta ausgefüllten Tangos oder in den Fandangos, die ausschließlich von der Geige und der Stimme von Elena Botica gestaltet sind. Sie steuert auch die Querflöte zu diesem Ensemble bei. Puristisches Herzstück dieser Zusammenstellung ist, dementsprechend reduziert, eine von Elena Botica gesungene und auf der Gitarre vom spanischen Gründer der Band, Abel Sánchez, begleitete Seguiriya.

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Muy flamenco

„Muy flamenco“ ist für mich auch die sehr schön gestaltete Guajira, ebenso die Tangos. Dass hierbei keine harmonischen Fernreisen erzwungen werden, empfinde ich als wohltuend, wirkt doch das Ensemble vor allem durch seine reiche instrumentale Gestaltung, in die sich auch der Bass von Jonas Fehrenberg in dezent gehaltener Kunstfertigkeit einfügt. Geht die perkussive Begleitung zu sehr in ein sattes Jazz-Schlagzeug über, verliert sich für mich ein bisschen die geheimnisumwitterte Aura der Flamencomusik, aber das ist mein persönliches Empfinden. Meine Empfehlung: Reinhören, Wiederhören und auch Lust bekommen auf die vorangegangenen drei Alben dieser lebendigen musikalischen Formation!

CD „Felah Mengu“ zu bestellen bei www.azuleo.de

Text: Bruno Chmel