De sal y seda – Salz und Seide

In den Hallen der alten Tabakfabrik in Cádiz, gegründet 1741 von Felipe V beglückte Eduardo Guerrero das aufgeregte Publikum mit seinem Stück „Qualitätskontrolle“ im Rahmen des Festival Iberoamericano de Teatro. Eine Arbeit, die, je nachdem, an welchem Ort sie präsentiert wird, sich an die Gegebenheiten anpasst, in diesem Fall an zwei Fabrikhallen, die insgesamt 7.700 m2 umfassen. Ein ambitioniertes Projekt, das genauso gut schiefgehen hätte können. Tat es aber nicht.

Wie jedes mal arbeitet Eduardo Guerrero mit lokalen Künstlern, in diesem Fall mit Francisco Calderón „Calde“ in den Soundscapes und mit den Videokreationen von Tomoto.

Die Videos, projiziert auf zwei von der Decke hängenden Leinwänden spielen mit Szenen aus der Stadt Cádiz, dem Alltagsleben in der ältesten Stadt Europas und natürlich mit dem Strand, dem Meer, dem Salz und dem Wind, der das Leben vor sich her treibt.

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Durch die hervorragende Beschallung vergisst man irgendwann den riesigen Raum und wird in eine Klangwolke gehüllt, in der man irgendwann Raum und Zeit vergisst.

Matías López „El Mati“ ist der einzige Musiker auf und neben der Bühne, aber mehr ist auch nicht notwendig. Mit seiner Egitarre und seiner Stimme gibt er seine eigenen Versionen von Vidalita über Mariana, Tangos und vielen mehr, er ist einer der interessantesten Stimmen des zeitgenössischen Flamenco und hat mit Eduardo Guerrero seinen idealen Partner gefunden. Über die Länge von 60 Minuten reißt die Verbindung zwischen den beiden in keinem Moment ab, so weit sie auch voneinander entfernt sind.

Eduardo Guerrero lässt uns an einer, seiner eigenen Welt teilnehmen, seiner Wut, seiner Verzweiflung, seinen Reflexionen, seiner Verletzlichkeit und der tiefen Verbindung zu seiner Stadt. Salz und Seide, Schärfe und Zartheit, Brennen und Streicheln, der Knall einer Pistole und die Stille der Langsamkeit.

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Mit gewaltigen Zapateados geht er über seine Grenzen um sich Sekunden später in sich selbst zurückzuziehen. Virtuos tanzt er eine Soleá auf einem schmalen Eisenbarren und kämpft Augenblicke danach mit seinem inneren Gleichgewicht. Einmal ist er der Rooster, dann der Suchende, er setzt sich die Pistole an den Kopf und legt sie dann fast zärtlich unter einen Stuhl. Er läuft bis zur Erschöpfung rund um die Bühne und hört dann auf seinen Herzschlag.

Salzig. Seidig. Grausam. Poetisch. Und über allem wachend der erste Herbstmond, der Mond des Jägers. Ach…

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Text und Fotos: Susanne Zellinger