21.11.2022: Der zweite Abend
Der zweite Abend im Gran Teatro legte die Latte schon etwas höher. Den Beginn machte der Gitarrist Niño Martín aus Huelva, eine unglaubliche Entdeckung, vor allem für mich. Wie mir der entgehen konnte ist mir allerdings unerklärlich. Schon bei den ersten Klängen der Granaína setzte ich mich senkrecht, um besser zu hören. Nicht die brilliante Technik, diese perlenden Tremolos und der kräftige Daumen, sondern vor allem die Melodie, übrigens eine Eigenkomposition, entführten mich in ferne Gefilde, da war die Wüste und die Quelle, die Sonne und der Wind und natürlich eine Liebe. Das zweite Solostück, eine Soleá, aber auch die Cante und Tanzbegleitung begeisterten mich. Was soll da noch kommen? Gott sei Dank sitze ich nicht in der Jury.
Lucía Fernández ‚La Bronce’ist ja keine Unbekannte mehr, sie war auch schon zu Gast beim Círculo Flamenco und sie ist auf ihre Art auch eine Lichtgestalt, obwohl ihr gestern nicht alles gelang. Die Soleá mit Bata de Cola und Kastagnetten war technisch schwierig aber gelungen, wenn auch ein wenig die Emotion fehlte, die Farruca trug den Stempel des Choreografen Ángel Fariña, und erst bei der Alegría wärmte sich das Publikum ein wenig auf. Dennoch ist klar, dass Lucía Fernández zu den großen Hoffnungen der Tanzszene gehört. Ästethisch kann ihr jedenfalls niemand das Wasser reichen: was für eine Bata, was für ein Kostüm bei der Farruca – ich wollte schon die Sonnenbrille zücken – und was für ein Leuchten in der Bucht von Cádiz!
Auch beim Cante gab es Anfangsschwierigkeiten, aber nach Toná und Granaína fand die junge Cantaora Rocío Luna aus Córdoba mit der Caña in ihr Element, gefolgt von originellen Bulerías bei denen sich dann ihr ganzes Talent zeigte. Großartig und mit großem Anteil an ihrem Erfolg auch der Gitarrist ‚Chaparro hijo’, das Publikum war begeistert und der zweite Abend zu Ende.
XXIII Concurso de Arte Flamenco
20.-23.11.2022
Gran Teatro de Córdoba
www.nacionaldearteflamenco.org
Fotos: IMAE Rafael Alcaide
Text: Susanne Zellinger