Mit heftigen Protesten von den „Gitanas Feministas por la Diversidad“ wurde der Film Carmen y Lola bei seiner Premiere in Pamplona empfangen, zeige er doch wieder nur Stereotypen und bestätige die Vorurteile gegen die Ethnie und wieder sei es eine Paya, die über die Gitanos spreche und niemand aus der eigenen Gruppe.
Im ersten Spielfilm von Aranxta Echevarría geht es um ein heikles Thema. Um die lesbische Liebe von zwei jungen Gitanas und die Schwierigkeiten, denen sie begegnen, aber auch um die Schönheit der ersten Liebe, egal wo, egal wer mit wem.
Beim Festival in Cannes, wo er als einziger spanischer Film in seiner Sektion ausgewählt wurde, wurde er gefeiert und läuft seitdem mit Erfolg in den französischen Kinos, auch in Spanien ist er inzwischen ohne weitere Proteste angelaufen.
Bis auf eine Person sind alle Schauspieler/innen Laien, die nach einem langen Casting von der Regisseurin ausgewählt wurden und besonders die beiden Protagonistinnen Zaira Romero als Lola und Rosy Rodríguez als Carmen wurden allenthalben mit Lob bedeckt ob ihrer Natürlichkeit und ihrer Bühnenpräsenz. Obwohl beide erst um Erlaubnis fragen mussten, wurden sie in der Folge während der Dreharbeiten von ihren Familien unterstützt, etwas, das sie nicht erwartet hatten.
Viele ungeschriebene Gesetze wurden ja gebrochen, von denen manche außerhalb ihrer Welt schwer zu verstehen sind: so war es ein größeres Problem, dass sie einander kennen lernten, als sie heimlich eine Zigarette rauchten, was eine Respektlosigkeit gegenüber der älteren Gitanos bedeutet, als dass sie sich vor der Kamera küssten. Auf die Frage, wie ihre Familie reagiert hat, sagt Zaira Romero: „Meine Familie hat den Film sehr gut aufgenommen, sie hat nicht so sehr die Handlung als die Tatsache, wie sich der Film auf meine Zukunft auswirkt interessiert.“
Natürlich gibt es auch bei den Gitanos Kreise, die aufgeschlossener sind als andere und nicht alles ist für alle gültig. Im Zuge der Diskussionen über „Carmen y Lola“ meldeten sich lesbische Gitanas zu Wort und jede hatte eine andere Geschichte.
So erzählt Noelia „La Negri“, Cantaora und Perkussionistin, dass das Problem nicht ihre Eltern sondern die anderen waren. „Sie urteilen über dich mit dem ‚Gitanómetro’, sie stellen immer wieder in Frage ob ich als Gitana weniger wert bin, weil ich lesbisch bin.“
Mari Carmen Cortés, Anwältin in der Abteilung für Gleichberechtigung in der Fundación Secretariado Gitano ist lesbisch und es war für sie nie ein Problem, weder in der Familie noch in ihrem Beruf, etwas, das sie immer wieder betont, denn es gehe auch um das Sichtbar machen von positiven Erlebnissen.
Hier der spanische Trailer zum Hineinfühlen
In der Geschichte des Films gab es einige Filme mit den Gitanos als Protagonist/innen, eine kleine Auswahl sehen Sie hier: Los gitanos en el Cine. Ein Highlight in der Liste ist natürlich „Vengo“ von Tony Gatliff mit Antonio Canales in der Hauptrolle, schon allein wegen des großartigen Soundtracks.
Mit ihrem Independent Film hat Aranxta Echevarría auf jeden Fall ein wichtiges Thema aufgegriffen und es sensibel verfilmt, ohne Sexszenen und mit einer gewissen Unschuld, die oft der ersten Liebe innewohnt. Sobald „Carmen y Lola“ in den deutschen Kinos anläuft können Sie sich dann selbst eine Meinung bilden, aber das könnte noch ein wenig dauern.