Esma ist eine radikale, junge Frau. Sie organisiert legendäre Flamencoabende in einem dunklen Club, an denen sie selbstkomponierte Cantes vorträgt. Auf deutsch, besser gesagt auf wienerisch. Anfeindung und Bewunderung bekommt sie dafür. Sie ist geheimnisvoll und in Abenteuer verstrickt.
Ohrenbetäubende Gitarren. Dröhnendes Klatsche. Gleich Paukenschläge. Mayer griff sich an die Brust. Versuchte, dagegen zu atmen. Eine rauchige Frauenstimme. Martialisch in ihrer Lautstärke.
Da Sieg is der unsre / Und wir san der Sieg / Sei Farb ist die Liebe / Und Liebe is Krieg. (Zitat aus: Flamencopassion)
Daniela Mayer ist eine lesbische Polizei-Gruppeninspektorin am Weg in eine neue Liebschaft. Sie ist müde und aufgeregt zugleich. Karl Maria Katz ist Chefinspektor und Mayers Kollege, er ist erfahren, lapidar und ebenfalls am Beginn einer amurösen Annäherung.
Alles beginnt an einem Flamencoabend in Wien. Heiße Blicke, zufällige Berührungen und dazu der Flamenco auf der Bühne. Die beiden Flamenconeulinge Mayer und Katz sind fasziniert, angewiedert und doch erotisiert. Es könnte so weitergehen und würde wahrscheinlich in Betten landen.
Sie fühlte sich in diesem erhitzten Haufen wohl. Und die Musik glättete ihr anfangs gesträubtes Fell. Es war Leidenschaft im Raum, gepaart mit Freude und Lebenslust, gespickt mit Sentimentalität, die aber nicht aufgesetzt wirkte, sondern zu den Unabwägbarkeiten des Lebens passte. (Zitat aus: Flamencopassion)
Aber dann passieren Morde, Mayer und Katz müssen ihre Liebesabenteuer und den Flamenco sein lassen und zum ersten Tatort rasen – nur um im Laufe der Ermittlungen umso tiefer wieder in die Flamencowelt einzutauchen.
Die Mordopfer standen am Rand und doch mitten in der Flamencoszene, ihre Frauen waren leidenschaftliche Schülerinnen. Und Esma? Sie scheint auf eine verquere Art in das Geschehen verstrickt zu sein. Diese geheimnisvolle Wilde, die mit allen und niemandem verbandelt ist, die die Toten liebte und hasste – sie ist unerreichbar.
Flamencopassion: Ein Flamencokrimi mitten in Wien
Sabina Naber ist Österreichische Schriftstellerin und veröffentlichte mit „Flamencopassion“ einen weiteren Kriminalfall von Mayer und Katz. Stilistisch packt sie die LeserInnen mit ihrem zügigen Erzählfluss, den Wendungen und Blickwinkeln. Abwechselnd wird aus Sicht von Mayer oder Katz geschrieben. Als LeserIn hat man aber einen Vorteil gegenüber den ErmittlerInnen: Die Autorin gewährt Einblicke in einen weiteren wichtigen Handlungsstrang noch bevor Mayer und Katz auch nur zu ahnen beginnen und bringt dadurch Spannung in den Wettlauf um Zeit und Zuneigung.
Sabina Naber hat für ihren Flamencokrimi ausführlich in der Wiener Flamencoszene recherchiert. Sie führte viele, lange Gespräche und war Gast bei so manchen Aufführungen und Workshops. Sie ist eine genaue Zuhörerin und Beobachterin, ihre Beschreibungen der Bewegungen, Charakteristika und Emotionen rund um den Flamenco sind erfrischend. Es tut gut, von jemandem über Flamenco zu lesen, die nicht schon vorgefertigte Flamencoklischees bedient sondern eigene Sätze finden kann.
Als Wiener Flamencokünstlerin einen Flamencokrimi zu lesen, der noch dazu in Wien spielt, ist ein besonderes Vergnügen. Sprache, Orte und Personen wirken vertraut obwohl Sabina Naber gerade bei den handelnden Personen darauf geachtet hat, neue Menschen zu erschaffen. Aber einzelne Charakterzüge von FlamencofreundInnen schimmern dezent durch, die Gassen sind bekannt und der typische Wiener Dialekt übt besonderen Charme aus (keine Sorge: die Dialekt-Sätze werden für Nicht-WienerInnen übersetzt).
Flamencopassion – Krimi von Sabina Naber
Gmeiner Februar 2016, ca. 384 S., Taschenbuch/Spotlack
ISBN-13: 978-3-8392-1855-6; 12,99 € (D), 13,40 € (A)
Link: Webseite Sabina Naber