„Bring me the rabbit“ – Neues aus Wien

Der Ort

„Counterpoint“ heißt das erste Stück einer Trilogie des Duos „ Bring me the rabbit“, ein prosaischer Titel für eine poetische Arbeit der Tänzerin Julia Petschinka und des Musikers Marko Dumancic, das in diesen Tagen das Licht der Welt erblickt. Drehort für das Video war die Schlossruine Pottendorf, ein wunderschönes Wasserschloß im Süden Wiens, dem Verfall preisgegeben wie so viele schöne Orte der Vergangenheit. Noch spürt man den Glanz und den Überfluß einer verlorenen Gesellschaft aber gleichzeitig auch die Kraft der Natur und ihren Willen, sich vom Menschen Geschaffenes zurück zu erobern.

Das Video

Als der dunkle Poet mit der schwarzen Maske den Innenhof betritt, ist die Circe schon da, die Tochter des Sonnengottes Helios, hell, verführerisch, stark und unabhängig, aber nicht so gefährlich wie die Göttin aus der griechischen Mythologie, empfängt sie den dunklen Poeten auf dem Boden liegend, verbunden mit der Erde durch ihre lehmigen Hände geht ihr Blick in den Himmel. Magisch von ihr angezogen versucht sie der Poet mit der Laute an sich zu binden und sie hört ihn. Irritiert zuerst hört sie doch auf sein Spiel, das sich verdichtet, schneller wird. Dann nimmt er die Maske ab, er zeigt sich, fühlt sich stark und will es bezwingen, dieses zeitlose Wesen, das sich ihm entzieht und ihn lockt. Es gibt einen Moment der Erstarrung, des Stillstehens und da fällt ihre Entscheidung: sie weicht zurück, aber nicht aus Angst, sie braucht den Raum. Sie wird eins mit dem Himmel, der Erde, dem Universum. Sie hat größere Mächte zur Verfügung und der Poet weiß es: er hatte nur diesen kurzen Moment.

Die zwei

Julia Petschinka ist in der Flamencowelt ja keine Unbekannte mehr, unvergessen vor allem ihre Soloperformance „next.duo“, das sie auf einigen europäischen Festivals zeigte und auf dessen Fortsetzung die Aficionados ungeduldig warten, kreierte sie auch das kleine aber umso feinere Festival „… im Raum Flamenco“ in Wien. Ihre Tanzsprache ist eigenwillig und unverkennbar, ihre Bühnenpräsenz bemerkenswert und ihre Choreografien bleiben im Gedächtnis hängen wie Tautropfen in einem Spinnennetz.

Marko Dumancic, der Flamencogitarrist aus Zagreb, der in Wien studierte und unterrichtet, besticht auch in diesem Video durch seine wunderschöne Komposition, in der er mit der Renaissancemusik kokettiert, die aber sonst keinem bestimmten Genre zuzuordnen ist. Er spielt die Archilinto, eine teorbierte Laute mit zwei Köpfen, die eine vollkommen andere Technik verlangt als eine Flamencogitarre.

Das Neue

Julias Schuhe wurden übrigens elektronisch mit Piezoelementen verstärkt. Der Impuls dazu kam vom Wiener Musiker und Performer Stefan Voglsinger https://voglsinger.klingt.org .

Darauf wurde ein Klangkonzept für Laute und Flamencoschuhe entwickelt, dessen Kern ist, dass die Sounds der elektronisch verstärkten Schuhe durch Modulation im Effektgerät in Interaktion mit der Laute treten – das ist sozusagen der technische Kontrapunkt. Der Ton der Schuhe beeinflusst den Ton der Laute – und umgekehrt. Sie steuern ihre Töne also gegenseitig und erschaffen durch das Effektgerät einen neuen Gesamtsound. Neu ist auch, dass die Laute überhaupt verstärkt und im Klang manipuliert wird, auch dass sie als gleichwertiges Flamenco-Instrument auftritt.

Entstanden ist ein bemerkenswertes Video, das im Herbst auch den Weg auf die Bühne finden soll, verlieren wir also „Bring me the rabbit“ nicht aus den Augen.

Credits:

Tanz/Choreographie: Julia Petschinka, Musik/Archiliuto: Marko Dumancic, Regie: Sabine Anders, DOP: Mario Cobretti, Drehbuch & Gesamtproduktion: Heidi Neuburger, Kostüm / Setdesign: Viktoria Schindler, MakeUp Artist: Isabella Lechner, Schnitt: Philipp Wu-Lan, Grading: Sabrina Winkler, Ton: Alexander Klement, Sounddesign und Abmischung: Daniel Grailach, Assistenz: Max Linzbauer

Eine „Bring Me The Rabbit“-Produktion 2021

Mit freundlicher Unterstützung der DMG Filmproduktion.

Bring Me The Rabbit: http://www.instagram.com/bringmetherabbit

Text: Susanne Zellinger