Es war einer der Abende, an dem die Frage „Und, hat’s dir gefallen?“ völlig unangebracht war, weil es unmöglich war, sie zu beantworten. Eigentlich ein unglaubliches Stück Tanzkunst, das sich da vor unseren Augen ausbreitete auf der Bühne des Teatro Central. Eine der begabtesten Tänzerinnen der jungen Generation ist Paula Comitre mit Sicherheit, daran gibt es keinen Zweifel, sie ist nicht nur wunderschön, sie hat auch eine starke Ausstrahlung, eine wunderbare Technik und einen guten Geschmack.
Die Ästhetik des riesigen, roten Vorhangs aus Ballonseide in Verbindung mit der roten, mit Luft gefüllten Bata de Cola von der Designerin María Alcaide ist schon schwer zu übertreffen, aber auch der Gebrauch, den Paula Comitre davon macht.
Inspiriert zu ihrem neuesten Stück Après vous, Madame hat sie das Leben und Wirken von Antonia Mercé, La Argentina, einer zu Unrecht viel zu wenig bekannten außerordentlichen Tänzerin, die die Welt des Flamencos dauerhaft veränderte.
In ihren Jahren in Paris schuf sie nicht nur unzählige Stücke, hielt Vorträge und kreierte ihre eigene Mode, sie experimentierte auch mit der Avantgarde und inspirierte zahlreiche Künstler.
Sie starb übrigens 1936, im gleichen Jahr wie Federico García Lorca, der sie sehr bewunderte.
Daher ist es also keine Zufall, dass Paula Comitre ihr Stück in Paris entwickelte, während einer sechsmonatigen Residenz in der französischen Hauptstadt.
In den 20er Jahren tat sich in Europa unglaublich viel, was den Tanz betrifft, und auch darin inspiriert sich die Comitre, wenn sie den Serpentinentanz von Loie Fuller nachempfindet und auch ihr Spiel mit der Beleuchtung, wenn sich der rote Stoff im Angesicht des Todes plötzlich verdunkelt, weil ihm das Licht genommen wird.
Der Beginn ist musikalisch etwas anstrengend, obwohl der Pianist und Komponist Orlando Bass den Klang der Kastagnetten hervorragend imitiert, aber dem mag auch mein Problem mit der Minimal Music zugrunde liegen, und erst als er wirklich zu spielen beginnt, beginnt für mich das Stück.
A propos Musik: Paula Comitre kann nicht nur Melodien durch die Zähne pfeifen, sie hat auch eine wunderbare Stimme: mit einer gefühlvollen Farruca leitet sie das Ende ein – und es wird Nacht.
Paula Comitre
Après-vous, Madame
Teatro Central
24.09.2024
Fotos: Laura León
Text: Susanne Zellinger