„Salutatio ad patriam multis ante annis non uisam“
Nachdem die großartige Planung des Programmteams der Bienal zwei meiner Lieblingssänger direkt hintereinander angesetzt hatte, verzichtete ich auf den schönen Rahmen des Real Alcazar und fuhr drei Tage später nach Lebrija um mir das neueste Stück von José Valencia, „Nebrissensis“ anzuschauen, ein Heimspiel ist ja sowieso das beste und ich habe mich natürlich nicht geirrt. Lebrija ist stolz auf seinen Cantaor und er ist stolz auf seine Stadt. José Valencia, Gitano, geboren in Barcelona, ist eine der ganz großen Stimmen des heutigen Flamenco, er könnte unverstärkt in der Wiener Staatsoper singen und man würde ihn noch auf dem dritten Rang verstehen. Seine Stimme umfasst einige Oktaven, das „Nessun Dorma“ würde ihm keine Schwierigkeiten bereiten und seine Intonation ist unglaublich präzise.
Gleichzeitig ist er sehr emotional und berührt, er ist ein guter Schauspieler und absolut ehrlich in allem, was er tut. Und stolz ist er auch. Das werden Sie demnächst in meinem neuen Dokumentarfilm „Paraíso de Cristal“ erleben, der diesen Herbst Premiere haben wird.
„Nebrissensis“ ist eine Hommage an Elio Antonio de Nebrija“, der 1492 die erste kastillische Grammatik veröffentlicht hat, kurz vor der Ankunft von Christoph Columbus in Amerika. José Valencia verknüpft sie hervorragend mit seiner eigenen Geschichte. Er macht sich aber wie immer das Leben nicht zu leicht und singt zwei Stücke auf Latein, eine Nana gleich zu Beginn und später eine wunderschöne Petenera, dazwischen einen interessante Tangos mit Bulerías Kombination , Cantiñas und Seguiriyas von höchster Qualität, begleitet wie immer von Juan Requena aber diesmal zusätzlich von Pedro Peña, der dem Ganzen eine harmonischere Note gab.
Fazit: Lebrija ist eine wunderschöne Stadt und José Valencia einer der bedeutendsten Cantaores der Gegenwart.
José Valencia: Nebrissensis
Real Alcazar, Teatro Juan Bernabé, Lebrija
20./23.09.2022
Fotos: Claudia Ruiz Caro
Text: Susanne Zellinger