Das ist das Schöne an Festivals: Tag und Nacht folgen aufeinander, oder auch Nacht und Tag, wobei man manchmal nicht weiß, was schöner ist, das kommt immer auch auf die Stimmung an.
Israel Galván hatte es diesmal deutlich schwieriger, musste er doch die riesige Stierkampfarena in Sevilla „La Maestranza“ als einziger Tänzer füllen. Auf diesem riesigen Platz verliert sich so manches, einfach dadurch, dass man 100 Meter davon entfernt ist. Die Zuschauer/innen mit dem Fernglas waren eindeutig im Vorteil. Und dennoch: eine großartige Leistung eines herausragenden Tänzers. Das Stück „Arena“ ist mehr als 10 Jahre alt und zählt zu den wichtigsten Stücken der neueren Flamencogeschichte.
In seiner ursprünglichen Form mit Enrique Morente, übernahm diesmal sein Sohn Kiki Morente die schwierige Aufgabe zu jedem Stier einen Cante aus dem Publikum zu singen. Er ist noch sehr jung und er machte seine Sache gut. Herausragend waren die Musiker, von den Brüdern Lagos über Antonio Moreno mit seinem Perkussionsensemble bis zu Jesús Méndez und den Mellis. Über Niño de Elche schweigt die Chronik.
Israel Galváns Tanzsprache beginnt schon bei den jüngeren Tänzern der neuen Generation Spuren zu hinterlassen und dennoch ist er einzigartig. Interessant ist, dass er erst in traditioneller Musikbegleitung wirklich spannend wird, je avantgardistischer die Begleitung desto gewollter wird sein Tanz. Aber gut. Wir sprechen hier ja vom allerhöchsten Niveau des zeitgenössischen Flamencotanzes und da ist er wirklich eine Ausnahmeerscheinung.
Genauso wie Farruquito, der mit seinem Stück „Farruquito“ die Bühne des Teatro de la Maestranza zum Leuchten brachte. Obwohl das gar nicht stimmt, denn die Beleuchtung war miserabel, aber ich meinte das auch eher im übertragenen Sinn. Mit einem Teil der Familie, allen voran die Tänzer Barullo und Polito, aber auch Gema Moneo aus einer anderen „Estirpe“ wirkte er befreiter, leichter, das Trommelfeuer seiner Zapateados war seltener zu hören, er ließ sich Zeit, genoss den Cante – manchmal fast zu sehr – und natürlich die Ovationen des Publikums, das das riesige Theater bis auf den letzten Platz füllte. Großartig war der Begleitgitarrist Yerai Cortés, den ich bisher noch gar nicht auf dem Schirm hatte, was ich dringend ändern muss.
„Farruquito“ begann mit einer Reminiszenz an seinen Großvater und endete mit seinem kleinen Sohn Juan, der, im Michael Jackson Look am Ende auf die Bühne sprang und die Hoffnung nährt, dass der Stil der Farrucos auch für die nächste Generation gesichert sein wird.