Hier ein kurzer Blick der geschätzten Kolleginnen auf das neue Werk von Israel Galván:
In Seises gibt es weder Gitarre noch Gesang. Nur ein Klavier und ein Cembalo, das der Niederländer Gerard Bouwhuis mit einer seltsamen Version des Fandangos von Padre Soler eröffnet und sich dann in die Sonaten von Scarlatti stürzt, die von der andalusischen Volksmusik inspiriert sein sollen.
Neben dem Auftritt des Sevillaners, der ein anderer Galván und gleichzeitig mehr Galván denn je ist, sticht in Seises die Beleuchtung des Raums durch Carlos Marqueríe und vor allem die großartige Arbeit des Bailaors Ramón Martínez hervor, der hier fast ein Zwilling seines Partners ist und mit enormer Anmut und Meisterschaft jenen Flamencotanz auf die Bühne bringt, den dieser nicht kennt (im Falle der Kastagnetten) oder nicht mehr üben will.
Rosalía Gómez, www.diariodesevilla.es
In Seises erzählt Israel Galván die Geschichte von Sevilla. Und gleichzeitig erzählt er sich selbst. Mit einem tadellosen Rhythmus und einer Szenografie, die keine solche ist und die sich auf verschiedene Bodenstrukturen konzentriert, die unterschiedliche Klänge mit einem rechteckigen Zentrum bieten, führt der Bailaor das Publikum durch die Stadt. Es gibt alle erkennbaren Elemente: die Alltäglichkeit von Orangenblüten und Orangen auf dem Boden, die sich im späten Frühling mit den Kakerlaken vermischen, die nachts die Straße überqueren.
Das Sevilla der Traditionen, die auf das Barock zurückgehen, von der Hand der Seises und Scarlatti, hat Gewicht. Es gibt das Sevilla der Inquisition und die Ernsthaftigkeit, mit der Sevilla seine eigene Geschichte erzählt, vielleicht auch ein Erbe dieser barocken Vergangenheit, dargestellt in der Wiederholung ad nauseam des einfachen Tanzes der Seises oder in den Sevillanas „Que también es de Sevilla“ von Manuel Pareja Obregón. Auch das Sevilla der Stille, zur Siestazeit. Das Tanzen auf einer Matratze, um die Nachbarn nicht zu stören. Und dann ist da noch Galván selbst, der Junge, der in einem Tablao aufgewachsen ist, aber nicht weiß, wie man Sevillanas tanzt oder die Kastagnetten spielt.
Ángeles Castellano, www.epe.es
Los seises son una agrupación de niños que realizan una danza sagrada delante del Santísimo de la Catedral de Sevilla en la Octava del Corpus, en la Inmaculada Concepción y en el Triduo de Carnaval.
Israel Galván „Los Seises“
Teatro Central, 17.09.2022
Fotos: Claudia Ruiz Caro
Übersetzung: Susanne Zellinger