Bienal de Sevilla: Antonio Canales

Manchmal ist es wirklich nicht leicht, eine Kritik zu schreiben, wenn man einfach nur stöhnen will, weil man zur Abwechslung auch gerne still leidet. Andererseits hatte ich nach dem Abend mit Antonio „Ich bin eine Diva“ Canales im Teatro Lope de Vega eher Lust einen Fußball durch eine Glastüre zu schießen, also muss ich es doch loswerden, obwohl die ehrenwerten FlamencokritikerInnen der Stadt herumsülzten, als sei gerade Manna vom Himmel gefallen.

Antonio Canales ist eine Ikone, ich kann mich noch erinnern, dass wir früher Hunderte Kilometer gefahren sind, wenn wir ihn sehen konnten und auch, dass dem Flamenco ohne ihn etwas fehlen würde. Die jungen KünstlerInnen lieben ihn und auf jeder Pressekonferenz ist er ein Paradiesvogel unter den Sperlingen. Dennoch geht mir diese typisch sevillanische Nabelschau gnadenlos auf die Nerven.

Das Thema war Triana, das mythische Stadtviertel auf der anderen Seite des Guadalquivir, wo die Gitanos lebten und der Flamenco zum täglichen Leben gehörte, die Kinder ohne Schuhe auf den Straßen herumliefen und die Frauen eine Schürze trugen. Wo jeder eine Pataita parat hatte und wusste, wie man Palmas zur Bulería klatscht.

Antonio Canales ist in Triana aufgewachsen und liebt das Viertel, seine Bewohner und besonders seine Mutter Pastora. Die holte er auch auf die Bühne, sie durfte singen und tanzen und sie war wirklich reizend und Antonio war gerührt. Das Publikum auch. Vor allem die Leute, die wussten, dass es seine Mutter war. Es gibt ja auch Zuschauer, die nicht Verwandte, Journalisten, Künstler oder Nachbarn sind. Und die haben den ganzen Abend versucht zu erraten, warum das halbe Theater verrückt spielt, weil eine dicke, alte, freundliche Dame ein wenig singt und ihre runden Ärmchen bewegt.

Ich weiß, das könnte als böswillige Kritik ausgelegt werden, aber eigentlich habe ich mich darüber geärgert, dass Antonio Canales, abgesehen von theatralischem Herumgestampfe und einem halben Tangos de Triana die meiste Zeit mit gönnerhaftem Grinsen irgendwo herumstand. Außerdem finde ich ausgebeulte Jogginghosen auf der Bühne nicht wirklich sexy.

Es gibt so viele junge Künstler, die diesmal wieder keinen Auftritt bei der Bienal hatten wie zum Beispiel – a propos sexy- Eduardo Guerrero und da verstehe ich es noch weniger, warum dieser klischeehafte Kitsch einen Abend im Lope de Vega bekommt. Außerdem ist es wahrscheinlich eine Eintagsfliege, denn selbst die Madrilenen hätten mit diesem Stück ein Problem, gar nicht zu reden von ausländischen Festivals, die es kaum programmieren können, weil anderer Planet. Andererseits sollten alte Damen eh lange Reisen vermeiden, weil es schlecht für den Blutdruck ist. Da halt ich mich doch an das Sprichwort „No hay mal que por bien no venga“. Gute Nacht.