As time goes by: Das, was war
Das , was damals war, in der Sala Compañía im Jahr 2006 war so etwas, wie eine Revolution. Die Rückkehr zu einem Kleinstformat, mit Fernando Terremoto, Alfredo Lagos und Israel Galván. Dem Gitano Sänger, dem klassischen, aber supermodernen Gitarristen Alfredo Lagos und dem Bicho Raro Israel Galván. Ein Abenteuer, eine Reise in die neue Welt. Das Aufbrechen von alten Strukturen, Cantes, Regeln. Wir waren geflasht. Wir sprachen darüber, versuchten zu verstehen, waren fasziniert von seiner Fähigkeit, den Compás zu unterbrechen, ihn fort zu führen, den Pulsschlag zu erahnen, wir nahmen das Konzert heimlich auf, hörten es zuhause und klopften auf dem Tisch den Compás, den er niemals verlor, auch wenn er dazwischen spazieren ging.
Schaut ihn euch hier an. Damals tanzte er noch. Damals hatte er noch etwas zu sagen.
Heute hat er mir nichts mehr zu sagen . Heute ist er eine Karikatur seiner selbst.
Heute sagt er: Ihr seid mir egal. Die, die ihn gestern zum ersten mal sahen, waren begeistert, weil sie ihn als Enfant terrible sehen, das die Traditionen bricht. Und schließlich war es auch sehr lustig. Lustig? Klar war es lustig, wenn man nur den Tanz betrachtet, eine Mischung aus Charlie Chaplin und M. Bully Herbig ist natürlich lustig.
Viel weniger lustig war der Cante von María Marín, der war eher zum Weinen. Aber diese Fehlbesetzung könnte auch Absicht gewesen sein. Die großartige Gitarre von Rafael Rodríguez war so leise, dass ich sie teilweise nicht hörte, als ich den Tontechniker danach fragte, meinte er, für ihn sei alles ok gewesen. Na dann.
Zwischendurch langweilte ich mich. Habe ich Israel Galván zu oft gesehen? Kann sein. Glaube ich aber nicht. Ich kenne ihn schon seit den 90er Jahren, habe seine Anfänge noch genau in Erinnerung, zum Beispiel den Stromausfall bei einem seiner ersten Auftritte beim Festival de Jerez vor dreißig Jahren, wo er weiter tanzte, großartig und unvergesslich. Das Interview mit ihm war damals mein Einstieg in die ANDA.
Ich spreche hier auch nicht über die Genialität des Israel Galván, seine Fantasien und seine Kreativität, seine frenetische Produktivität und den Kampf mit seinen Dämonen. Ich spreche über die Fortsetzung eines Traums, der für mich gestern zerplatzte wie eine Seifenblase. A propos Traum: in seinem letzten Stück DREAM, ein Anagramm von MADRE setzt er sich mit dem Mutter sein auseinander und tanzt mit einem Plastikbauch, damit er die Schwangerschaft nachempfinden kann.
Ich kann mich erinnern, dass er einmal in einem Interview sagte, dass die Bühne ihm die Psychotherapie erspart. Das verstehe ich und ich glaube es ihm.
Zum Schluss noch ein Zitat von Pedro G. Romero: Niemand bezweifelt, dass der Flamenco der letzten Jahre ohne Israel Galván anders aussehen würde.
Und auch das ist wahr.
Israel Galván
La Edad de Oro
Teatro Villamarta
06.03.2025
Festivaldejerez.es
Fotos: Esteban Abion
Text: Susanne Zellinger