El vino de Jerez: Tierra Desconocida – Die faszinierende Welt des Sherrys

Der Vino de Jerez oder Sherry ist ein weites, großteils unbekanntes Territorium. Dabei geht seine Geschichte 3000 Jahre weit zurück, bis zu den Phöniziern. Er spielte eine nicht unwesentliche Rolle bei der Entdeckung der neuen Welt durch Christoph Kolumbus und Ferdinand Magellan, war ein wichtiges Gut in den Handelsbeziehungen zwischen Spanien und England und später Amerika.

Doch in der Theorie erscheint das Thema Sherry etwas verwirrend. Hier ein kleiner Überblick:

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen den Vinos Generosos, den Vinos Generosos de Licor und den Vinos Dulces Naturales.

Zu den Vinos Generosos, den trockenen Sherrys, zählen unter anderen die Manzanilla, der Fino, der Amontillado und der Oloroso.

Die verschiedenen Weine

Manzanilla dürfen sich nur jene Weine nennen, die in Bodegas in Sanlúcar de Barrameda gereift sind. Die besonderen klimatischen Bedingungen der kleinen Stadt an der Mündung des Guadalquivir verleihen der Manzanilla ihren Geschmack. Die Manzanilla wird, wie die anderen Vinos Generosos, zu hundert Prozent aus Palominotrauben hergestellt, ist trocken und von einer hellgelben, brillanten Farbe.

Als Laie würde man bei einer Verkostung die Manzanilla vom Fino wohl kaum unterscheiden können. Ebenso wie die Manzanilla reift der Fino unter dem velo oder flor, also Hefemantel. Er ist sehr trocken und hat die besondere Eigenschaft, die Geschmacksnerven intensiv anzuregen. Daher eignet er sich in besonderem Maße als Aperitif.

Sowohl der Amontillado, als auch der Oloroso werden von ihrem Hefemantel durch Zugabe von Alkohol befreit und oxidieren an der Luft, wodurch die dunklere Farbe entsteht.

Die Vinos Dulces Naturales sind, wie der Name schon vermuten lässt, von Natur aus süße Weine. Sie werden aus den sehr reifen Trauben des Moscatel oder des Pedro Ximénez gewonnen. Auch sie oxidieren durch den direkten Kontakt mit der Luft und erhalten dadurch ihre typische dunkle Farbe.

Bei den Vinos Generosos de Licor werden letztlich Vinos Generosos und Vinos Dulces Naturales vermischt. Je nachdem, welchen Zuckergehalt und welche Farbe man erhält, wird unterschieden zwischen Pale Cream, Medium und Cream.

Die Herstellung

Was den Sherry darüber hinaus so besonders macht, ist die Art, wie er hergestellt wird. Das Verfahren der criadera y solera ist einzigartig. Wir alle kennen das Bild von langen Reihen übereinander gestapelter Weinfässer. Beim Sherry hat diese Hochstapelei eine ganz besondere Funktion: Wir haben drei Reihen von übereinander liegenden Fässern: Aus der untersten Reihe, der solera, in welcher der älteste Wein gelagert ist, wird jeweils ein Drittel des Fassinhaltes entnommen. Die Fässer der solera (von suelo) werden mit dem Wein der mittleren Reihe, in dem sich der jüngere Wein befindet, wieder aufgefüllt. Die Fässer der mittleren Reihe werden mit dem Wein der obersten und diese wiederum mit frischem Wein aufgefüllt. Wie lange der Wein alles in allem reift, ist unterschiedlich, er muss jedoch mindestens 2 Jahre im amerikanischen Eichenfass gelagert worden sein.

Letztendlich ist der Sherry aber viel mehr als nur ein Getränk. Er ist ein Stück europäischer Kulturgeschichte. Die Sherrybarone haben Jerez de la Frontera ihren Stempel aufgedrückt. Ihre Paläste schmücken die Stadt ebenso wie ihre Bodegas catedrales. Man denke an Alvaro Domecq, der mit der Gründung der Real Escuela de Arte Ecuestre, der Spanischen Hofreitschule, einen Meilenstein in der Geschichte der Stadt gelegt hat. Man denke an González Byass mit ihrem Tío Pepe, an Lustau. Jede Bodega hat ihre eigene Geschichte…

1 DSCN1130 KKopie

Bodegas Estévez

Es war einmal ein junger Mann, der hatte nichts, außer der Kraft seiner Hände, einem ausgeprägten kaufmännischen Geschick und dem Willen etwas daraus zu machen. Der Name dieses jungen Mannes war José Estévez. Er arbeitete schon in jungen Jahren als Verkäufer von Tabak und Strümpfen, später in einer Glasfabrik und als Versicherungsvertreter. Im Hause Domecq, wo er als schließlich als Manager arbeitete, kam er zum erstem Mal auf geschäftlicher Ebene in Kontakt mit dem Vino de Jerez.

Mit dem Geld, das er sich zusammengespart hatte, kaufte er Jahre später eine Siliciummine zur Herstellung von Glas. Als er diese Minen wieder verkaufte, erhielt er dafür sagenhafte 72 Millionen Euro. José Estévez investierte in seine große Leidenschaft: den Vino de Jerez.

Mit der Zeit übernahm er eine ganze Reihe von Bodegas, beginnend 1974 mit der Bodega Felix Ruiz y Ruiz S.A.. Zehn Jahre später folgte die Bodega del Real Tesoro:

Die Geschichte dieser altehrwürdigen Bodega geht auf das Jahr 1760 zurück. Am 8. März nämlich ernannte König Carlos III Don Joaquín Manuel de Villena Guadalfajara Rodríguez de Manzano y Nieto zum „Marqués del Real Tesoro“. Don Joaquín war es als General der königlichen Armada gelungen, bei einem Piratenangriff den Schatz des Königs zu schützen. Wie? Anstatt aus dem königlichen Gold Munition herzustellen, verwendete er dafür sein eigenes Silber. Zur Belohnung für seine Großzügigkeit erhielt er den Titel des „Marqués des königlichen Schatzes“. Sein Enkel, der den Titel viele Jahre später erbte, gründete die Sherrymarke Marqués del Real Tesoro.

Mindestens genauso spannend liest sich die Geschichte der Bodega Valdespino:

Im Jahr 1264 kämpfte Don Alfonso Valdespino an der Seite von König Alfonso X, El Sabio, gegen die Mauren in der Rückeroberung von Jerez de la Frontera. Zum Lohn überließ der König seinen treuen Rittern Ländereien rund um Jerez. Über 6 Jahrhunderte später, genau genommen im Mai 1883, wurde das Haus Valdespino zum Hoflieferanten des spanischen Königshauses. Und nicht nur das: Ab 1932 wurde auch das schwedische Königshaus mit Wein von Valdespino beliefert.

Neben diesen beiden Bodegas übernahm Estévez im Jahre 2007 den weltweit größten Manzanillaproduzenten La Guita.

Die ursprüngliche La Guita-Bodega befindet sich in Sanlúcar de Barrameda, in einem Gebäude aus dem XVII Jahrhundert, am höchsten Punkt der Stadt, wo die feuchte Brise des Poniente für den besonderen Geschmack der Manzanilla sorgt.

Bei der Produktion von Vinos de Jerez gelten hohe Maßstäbe und strenge Richtlinien, die vom Consejo Regulador überwacht werden. Im Hause Estévez ist man stolz darauf, die hohen Anforderungen sogar noch zu übertreffen. Qualität wird hier großgeschrieben. Und das nicht nur beim Wein.

Einer der Estévez-Söhne, Juan Carlos, widmet sich der Pferdezucht. Am Rande des Areals auf dem sich die Bodega befindet, wurden Stallungen eingerichtet. Hier können einige der edlen Tiere besichtigt werden, die übrigens ausschließlich schwarz sind!

2 DSCN1141 Kopie

Bodegas Lustau

Eine der bekanntesten Sherry-Bodegas ist zweifelsohne Lustau. Emilio Lustau, der Schwiegersohn des ursprünglichen Bodegabesitzers und Abkömmling einer französischen Familie, begann sehr früh, sich am Geschmack seiner Kunden zu orientieren. Wenn die Engländer gerne süßen Wein tranken, produzierte er eben Cream und exportierte ihn mit Erfolg nach Großbritannien. Auch bei ihm wurde die Qualität seiner Weine von Anfang an groß geschrieben und Lustau wurde bald als Sherryproduzent der gehobenen Preiskategorie anerkannt.

Die Bodega in der Calle Arcos ist jedenfalls einen Besuch wert. Die über 150 Jahre alten Gemäuer verströmen den unvergleichlichen Duft von Sherry. In den „Kathedralen“ stapeln sich die schwarzbraunen Fässer. Unweigerlich fühlt man sich in eine andere Zeit versetzt …

Apropos Fässer: Die Zunft der Fassbinder ist eine der ältesten von ganz Andalusien und wurde schon im 15. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Natürlich gibt es das Weinfass selbst schon viel, viel länger. Bevor ein Fass ein Sherryfass werden darf, muss es mindestens 20, im Idealfall 50 Jahre lang als „normales“ Weinfass gedient haben. Alles andere wäre zu jung für einen Vino de Jerez. Nach ihrem Leben als Sherryfass haben die sogenannten Sherry Casks wiederum oft noch eine weitere Verwendung: Gerne werden Whiskey und Scotch in alten Sherryfässern gelagert.

Vino de Jerez: ein weites Land, aber es lohnt sich, es zu bewandern.

Eine ganze Reihe von Bodegas kann auch besucht werden. Besonders sehenswert ist Gonzalez Byass bzw. Tío Pepe. Angeblich ist sie eine der bestbesuchten Bodegas ganz Spaniens: https://www.gonzalezbyass.com/visita-las-bodegas/

Ebenfalls einen Besuch wert ist die Bodega José Estévez, hier kann man nicht nur die Bodega, sondern auch das Gestüt und eine kleine Kunstsammlung besichtigen. Außerdem gibt es die Möglichkeit den Weingarten Viña Bristol zu besuchen.

Führungen durch die Bodega werden in verschiedenen Sprachen angeboten, Montag bis Freitag zwischen 10 und 14 Uhr, nachmittags, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen nach Vereinbarung: http://www.grupoestevez.es/visitasinfo.cfm

Sehr schön ist auch die Bodega Lustau, mitten im Zentrum von Jerez: www.lustau.es

Wer die eine oder andere Flasche Sherry oder gar Brandy de Jerez kaufen möchte, hat hier die Qual der Wahl: Licores Corredera in der Calle Corredera 10, 11402 Jerez, Montag – Samstag 10.00-15.00 und 18.00-21.00 und es gibt auch einen Onlineshop:

https://www.licorescorredera.com/es/

Ein weiteres Geschäft, das auch ein bisschen günstiger ist als Licores Corredera und sich ausschließlich auf die Vinos de Jerez, Manzanilla aus Sanlúcar und Weine aus Cádiz (Tierra de Cádiz) spezialisiert hat ist La Casa del Jerez. Zu finden ist dieses Geschäft in der Nähe der Hofreitschule, genau genommen in der Urbanicación Divina Pastora Bloque 1, local 3, Jerez de la Frontera, https://lacasadeljerez.com

Text und Fotos: Sarah Estermann