Lucía Fernández González, Lucía la Bronce ist eine der jüngsten und interessantesten Erscheinungen am Flamenco – Tanz – Himmel. Sie begann schon mit fünf Jahren Tanzunterricht zu nehmen, gelangte über das klassische Ballett und die Danza Española zum Flamenco und intensivierte ihr Studium im Centro Andaluz de Danza. Im schwierigen Jahr 2020 präsentiert sie sich beim Concurso „Manuel Soler“ und ihr Preis beinhaltete ein Stipendium für die Fundación Cristina Heeren. Im Jahr darauf gewinnt sie beim Concurso de Jóvenes Flamencos der Federación de Peñas de Sevilla und 2022 zieht sie ins Finale des Concurso de Arte Flamenco in Córdoba ein. Genau da habe ich sie auch für mich entdeckt und war begeistert von ihrer Natürlichkeit, ihrer tänzerischen Perfektion und ihrem Auftreten. Ganz zu schweigen von ihren Kostümen vom sevillanischen Designer José María Tarriño, der glitzernde Hosenanzug bei der Farruca war Aufsehen erregend und die bronzefarbene Bata de Cola leuchtete bis in die letzte Reihe des Gran Teatros.
Du tanzt ja schon sehr lange, Lucía, aber nicht immer Flamenco, oder?
Ich habe eine Ausbildung im klassischen spanischen Tanz, mit 18 bin ich dann ins Centro Andaluz de Danza eingetreten, aber wirklich spezialisiert auf den Flamenco habe ich mich erst in der Fundación, das heißt, ich stehe noch ziemlich am Anfang …..
Beim Concurso Nacional in Córdoba kamen sechs der zwölf Finalistinnen aus der Fundación Cristina Heeren, das ist schon bemerkenswert
Oh ja, sie hat schon eine große Bedeutung und wenn man sich so umschaut kommen viele der jungen und erfolgreichen Künstlerinnen aus dieser Schule. Natürlich hatten wir alle schon vorher eine gute Ausbildung, aber hier lernte ich vor allem, was es bedeutet, den Flamenco wirklich zu deinem Beruf zu machen, es ernst zu nehmen und an dich zu glauben. Die Lehrer sind hervorragend und für mich war dieses Jahr entscheidend.
Wolltest du schon immer Tänzerin werden?
Meine Mutter – die Schauspielerin und Managerin Susi González – hat mich ins Ballett geschickt, da war ich erst fünf Jahre alt, zu diesem Zeitpunkt spielte sie gerade in einem Stück, in dem auch eine klassische spanische Tänzerin war und das gefiel mir. Am Anfang war alles noch wie ein Spiel, aber dann bemerkte ich plötzlich, dass ich mehr Zeit im Tanzstudio verbrachte als irgendwo anders. Und wenn ich nicht im Studio war, hörte ich die dazugehörige Musik und das war dann der Moment, in dem ich die Entscheidung traf professionell zu tanzen.
Deine Mutter ist ja auch Künstlerin, hat sie dich dabei unterstützt?
Oh ja, ohne sie würde ich heute vielleicht nicht mehr tanzen, denn natürlich gab es einem Moment, in dem mir alles zu viel wurde neben der Schule und ich aufhören wollte, aber sie sagte: „Kommt nicht in Frage, du bist so talentiert, du musst weiter tanzen“ – und das tat ich dann auch. Gott sei Dank!
Die Generationen im Tanz folgen ja sehr schnell aufeinander und man könnte sagen, du gehörst nach Belén Maya, Rocío Molina und Patricia Guerrero ja schon zur vierten Generation, aber sie alle sind sehr modern und du ja eher traditionell
Ja, das stimmt, eine Tänzerin, die mir sehr gut gefällt ist zum Beispiel Belén López. Heutzutage sind die Stücke ja viel komplizierter und komplexer aufgebaut als früher, aber um das zu machen brauchst du eine solide Ausbildung, das Traditionelle musst du wirklich beherrschen, sonst kannst du solche Dinge gar nicht machen. Natürlich interessiert mich auch die Avantgarde, vor allem Stücke, die mich aufrütteln, mir Fragen stellen und mich länger beschäftigen.
Würdest Du sagen, dass es ein schwieriger Moment ist für junge Künstler ein Stück zu kreieren?
Schon, vor allem, weil es ja Bestand haben soll, damit es öfter aufgeführt werden kann. Viele Stücke verschwinden nach der Premiere und sind nicht mehr zu sehen. Außerdem sind die Anforderungen sehr hoch, was die künstlerische Qualität angeht, aber auch die musikalische, die Technik und die Dramaturgie und dann soll es bei den Zuschauern ja auch etwas bewegen, also einen interessanten Inhalt haben.
Du warst beim Wettbewerb in Córdoba im Finale, nun gibt es aber Leute, die sagen, solche Wettbewerbe hätten an Bedeutung verloren. Siehst Du das auch so?
Nein, gar nicht! Für mich war es sogar sehr wichtig, weil ich vorher außerhalb von Sevilla wenig bekannt war, ich stehe ja noch am Anfang meiner Karriere. Vor einem Jahr tanzte ich zum ersten mal in einem Tablao, durch den Wettbewerb ist die Öffentlichkeit auf mich aufmerksam geworden und das ist sicher von Vorteil.
Auch die Vorbereitung dafür war ja eine Herausforderung, oder?
Ich habe dabei so unglaublich viel gelernt! Zum Beispiel wie man mit den Musikern arbeitet: Dabei haben mir natürlich Rosario Toledo und Ángel Fariñas sehr geholfen. Nicht was die Technik betrifft, die habe ich schon drauf, aber durch ihre Erfahrung haben sie mir gezeigt, wie ich meine Persönlichkeit besser einbringen kann. Und ich lernte auch sehr viel mit den Sängern, weil ich erkennen musste, dass sie jedes Mal anders singen, nicht so wie auf einer CD … . Du lernst zuzuhören, musst improvisieren, die Technik steht da an letzter Stelle. Das Zuhören ist vielleicht das Wichtigste überhaupt.
Du warst ja vor kurzem in Wien beim ‚Círculo flamenco de Viena’, wie war denn das?
Wunderbar, eine tolle Erfahrung und außerdem war es das erste mal, dass ich außerhalb Spaniens auftreten konnte.
Hast Du schon Pläne für die Zukunft?
Als nächstes möchte ich mich für den Concurso coreográfico in Madrid vorbereiten, ich habe da schon einige Ideen und natürlich würde ich gerne ein eigenes Stück kreieren, aber das wird noch ein wenig dauern. Im Moment tanze ich im Tablao „Los Gallos“ und im „Teatro Flamenco Triana“ in Sevilla und das ist ja auch perfekt.
Woher hast Du eigentlich diesen wunderbaren Namen?
Den habe ich von meiner Mutter geerbt. Sie repräsentierte in einem Stück Pastora Pavón, „La Niña de los Peines“ und eines Tages kam José de la Tomasa vorbei und er nannte sie „La Niña de Bronce“, sie nannte sich selbst dann „Susi la Bronce“ und jetzt gehört der Name mir und ich finde ihn sehr schön.
Das finde ich auch.
Text: Susanne Zellinger
Fotos: Paco Zurera und Toni Blanco