¡Fandango! , das  neue Stück von David Coria und David Lagos, koproduziert vom Chaillot in Paris erreichte bei der letzten Bienal de Sevilla vier der begehrten Giraldillos, für das beste Stück, beste Gitarre (Alfredo Lagos), besten Cante (David Lagos) und interessanteste Neuentdeckung (Paula Comitre). Gestern wurde es beim Festival de Jerez aufgeführt und von Publikum und Kritik begeistert aufgenommen.

David Coria: „Ich finde Klischees ganz lustig, außer das mit der Siesta und das Gerücht, dass wir nicht arbeiten“.

Der Bailaor aus Sevilla, in voller künstlerischer Reife, präsentiert beim 25. Festival de Jerez ‚Fandango!‘, eine ‚Tour de Force‘ mit dem Gesang von David Lagos, die über Klischees nachdenkt und bei der letzten Biennale für Aufsehen sorgte.

Worum geht es in dem Stück „Fandango“? „Fandango“?

Es ist eine Idee, aber es ist vor allem eine Reflexion von David (Lagos) und mir über das spanische, über die Vision, die wir von uns als Gesellschaft haben, und die Vision, die Ausländer von unserem Volk haben könnten. Aus dieser Prämisse heraus haben wir eine Collage erstellt, die Elemente wie Gastronomie oder Eigenschaften von uns als Gesellschaft verwendet und die Punkte hervorhebt, auf die wir glauben, dass wir stolz sein sollten. Ein Land der Kunst, der hart arbeitenden, aufopferungsvollen Menschen, aber auch mit einem relevanten und auffälligen Macho-Charakter… wir sprechen über die historische Erinnerung, über das Land, wir sprechen über Reis, über die Sonne… eine Menge Begriffe, die wir untersucht haben und über die wir nachdenken.

©Javier Fergo
©Javier Fergo

Und von all den Klischees, die den Flamenco, die Andalusier, das Spanische überschwemmen, welches gefällt Ihnen am besten und welches gefällt Ihnen gar nicht?

Mir erscheinen Klischees immer sehr opportun, sehr ästhetisch für eine Gesellschaft, weil sie immer noch das exotische Bild zeichnen, das sie von uns haben, und in diesem Bild steckt ein Stück Wahrheit. Vielleicht haben wir einen ausgeprägten folkloristischen oder dramatischen Charakter, und das repräsentiert uns, und wir sind sehr stolz, weil wir diese Heißblütigkeit lieben. Ich finde es auch gut, wenn wir es mit Kunst oder Fiesta in Verbindung bringen, und daher kommt auch das Wort Fandango. Ich mag es nicht so sehr, wenn sie uns mit dem Mangel an Verantwortung in Verbindung bringen, dieses Klischee der Siesta und der Tatsache, dass wir nicht arbeiten… aber am Ende des Tages finde ich die Klischees sehr schön.

Die Grundlage für das neue Stück ist ‚Hodierno‘, David Lagos‘ neuestes Werk. Auf diesem Album befindet sich das sogenannte „Pregón del miedo“ (Pregón der Angst). Haben wir mehr Angst als Scham?

Absolut (lächelt). Ich denke schon, dass sich die Angst in uns eingenistet hat und auf die eine oder andere Weise immer irgendwie um uns herum ist und uns beeinflusst. Es betrifft mich persönlich. Und was unsere Vereinigung betrifft, so war die Ideengeberin Daniela Lazary: Warum machst du nicht etwas mit David…? Ich denke, er ist ein großartiger Künstler und ein noch größerer Mensch, und damit ist es eine tolle Sache.

©Javier Fergo
©Javier Fergo

Wann werden die Flamencos, die Menschen der Welt des Tanzes, die Menschen der Kultur sagen: „Jetzt reicht es uns“? Oder ist der Leitsatz jetzt „Rette sich wer kann“?

Keine Ahnung. Das sind sehr dramatische Situationen, die wir mit dieser Pandemie erlebt haben, aber sie sind nicht so offensichtlich, weil ich denke, dass es auch einen Teil gibt, der sich schämt und einen Teil, der sich verstecken will, diesen Teil des spanischen Stolzes, und das gibt das Gefühl, dass alles vorübergehen wird und danach alles so sein wird, wie es war. Ich habe keine Ahnung, ich fände es toll, wenn sich das ein für alle Mal ändern würde, nicht nur, damit wir nicht immer so viel Hilfe aus dem Ausland bräuchten, die natürlich immer willkommen und ein Segen ist, sondern auch von unseren eigenen Verwaltungen aus.

Sie sind auch ein ‚Sohn der Tablaos‘, wenn Sie die Situation sehen, die sie durchmachen, was geht Ihnen dabei durch den Kopf?

Es ist katastrophal. Für mich, aber vor allem für alle nachfolgenden Generationen, denn für mich sind sie eine Schule. Nicht nur auf wirtschaftlicher Ebene, was auch richtig ist, sondern weil sie ein wesentlicher Teil des Grundgerüsts unserer Kunst sind. Die Tablaos sind unentbehrlich für den Cante, den Toque und den Baile.

©Javier Fergo
©Javier Fergo

Sie haben mit dem Ballet Nacional de España und dem Ballet Flamenco de Andalucía gearbeitet. Tötet das Beamtentum die Kunst oder fordert die Stabilität ihren Tribut?

Ich glaube, dass nichts die Kunst töten kann. Kunst wird durch die Veranlagung eines Menschen getötet. Einige der wichtigsten Namen, die wir im spanischen Tanz haben, und die wichtigsten Namen, die wir in der Geschichte hatten, sind durch diese Institutionen gegangen, also nein, absolut nicht. Es wurden auch Regeln gebrochen und übertreten. Die Leute, die vielleicht am Ende ihre eigene Kunst töten, hätten es außerhalb dieser Institutionen genauso getan.

©Javier Fergo
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Worüber beklagen Sie sich?

Die Wahrheit ist, dass im Moment, so wie ich mich fühle, das Einzige, worüber ich mich beschwere, ist, dass ich meine Leute nicht genießen kann. Das ist das Einzige, worüber ich mich beschwere. Ich mag es nicht, in dieser Situation zu leben, wie jeder von uns, offensichtlich bin ich da nichts Besonderes, aber es beeinträchtigt mich sehr, nicht in der Lage zu sein, mit meinen Leuten in Kontakt zu sein.

Ein Text eines Fandangos, der Sie bewegt…

David (Lagos) singt drei davon. Viele von ihnen spielen auf die machistische Welt an, in der wir leben, ein anderer, der sich eher auf unsere aktuelle Situation bezieht und den ich mag, ist der: „Seguro que esto (la pandemia) nos va a cambiar. Quizás estábamos viviendo con los pies un poquito fuera de la tierra“

Werden wir geläutert aus der Pandemie herauskommen?

Ich würde schon sagen, dass es uns sicherlich verändern wird. In der Tat hat sie viele unserer Schwächen offengelegt, sowohl als Gesellschaft als auch als Individuum. Es hat sich gezeigt, dass wir mit den Füßen vielleicht ein bisschen über dem Boden gelebt haben. Das stellt uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, und vielleicht merken wir es jetzt noch nicht, aber es wird uns verändern.

Interview: Paco Sánchez Múgica

10 de mayo de 2021 (19:16 CET)

www.lavozdelsur.es

Übersetzung: Susanne Zellinger

Fotos: Javier Fergo