Bei „Fase alterna“ dachte ich zuerst an Wechselstrom, was für dieses Stück auch gar nicht so unzutreffend ist. Allerdings war der Wechsel nicht kontinuierlich, und auch der Strom ließ auf sich warten.
Es mag ja auch meiner wachsenden Ermattung zuzuschreiben sein, aber wenn ich noch einmal darüber nachdenke, lag es schon am Aufbau von „Fase alterna“, dass ich nach der ersten Hälfte nicht sehr angetan war. Es begann langsam, war sehr abstrakt, lange Duos von Marco Flores und Sara Cano, eher im zeitgenössischen Tanz angesiedelt, mit gelungenen Sound- und Lichteffekten, aber eben langatmig und schwer zu verstehen, wenn man im Contemporary dance etwas bewandert ist, auch nicht sehr überraschend.
Die Gitarre von José Almarcha war dafür umso gelungener, angefangen mit einer Petenera méxicana über sein Solo por Farruca bis zu einer wunderbaren Milonga war hier alles perfekt. Die Sängerin Mercedes Cortés musste sich ziemlich anstrengen und trotz ihrer Souveränität ist es schwer über fast eineinhalb Stunden die Spannung aufrecht zu erhalten, vor allem wenn der Großteil der Stücke a palo seco gesungen werden muss, also ohne jegliche musikalische Begleitung. Ich nehme an, das war gewollt, weiß aber nicht ganz genau, aus welchem Grund.
Je weiter sich das Stück entwickelte, umso dichter wurde es, die Bulería von Marco Flores rief die ersten Olés hervor und die Begeisterung steigerte sich bei der Alegría, Marco Flores ist ein hervorragender Tänzer mit einem ganz eigenen Stil, groß und raumgreifend, manchmal fast graziös, aber sehr flamenco.
Sara Cano ist eine sehr interessante Tänzerin, die sich in den verschiedensten Stilen wohlfühlt und auch hier ihre Qualitäten zeigte, obwohl ihr die graue Bundfaltenhose nicht sehr schmeichelte. Die trugen übrigens alle, kombiniert mit einem hellblauen T-Shirt ohne Ärmel, das ein ziemliches Eigenleben hatte, hier wäre eine andere Wahl sicher besser gewesen.
Im Programmtext stand „Fase alterna ist eine freie Kreation, die alle Etikettierungen in Bezug auf die Tanzstile vermeidet, um in dem Moment, in der die Choreographie entsteht und sich entfaltet, nach allen Seiten offen zu sein.“
Die Botschaft ist klar und ich verstehe auch die Sehnsucht der Flamencos, sich zu befreien, aber das ist nicht einfach und bei diesem Stück hätte es vielleicht eine künstlerische Leitung gebraucht um hier und da zu straffen, aber auf jeden Fall ist der Ansatz interessant und sicher auch notwendig, der Flamenco ist ja lebendig und seine Hybridität macht einen Teil seiner Faszination aus.
Als Abschluss zeigte Marco Flores noch ein wunderbares Duett mit seinem riesigen, auf eine Videowand projizierten Schatten, das war wiederum zu kurz, und mir fiel wieder der Satz ein, der mich schon als Kind auf die Palme brachte, dass man gehen soll, wenn es am Schönsten ist, aber diesmal war es so und ich ging.
Marco Flores: „Fase alterna“
Teatro Villamarta, 04.03.2019